Best of smart. Kurator für Lösungen.

Interview mit Sebastian Bergne

Produktdesigner Sebastian Bergne kuratiert im sechsten Jahr die Ambiente Sonderpräsentation „Solutions“, bei der ausgesuchte Lösungen für Tisch, Küche und Haushalt vorgestellt werden. Mit fast kindlicher Freude ist der Brite auf die Neuheiten gespannt, aus denen er wieder die Ausstellungsstücke auswählen darf. Nach dem Interview sehen wir auch ein Seifenstück mit etwas anderen Augen.

 

Seit mehr als 25 Jahren entwirft Sebastian Bergne in seinem Londoner Studio Design für Weltmarken. Viele internationale Preise bekam er dafür. Im Blick hat der 49-Jährige die alltäglichen Dinge, die in seinen Augen mehr oder weniger vernachlässigt werden. Als Kind einer Diplomatenfamilie mit französischen und deutschen Wurzeln hat er früh die ganze Welt kennengelernt, nach dem Studium am St. Martin’s und Royal College of Art in London ging seine Karriere steil bergauf. Entwürfe von ihm sind im New Yorker Museum of Modern Art und in anderen renommierten Sammlungen zu finden.

1 Ring-Seife von Authentics
2 Pfeifen-Glas von Pigr a Milano
3 Sebastian Bergne Edition
Büchergestell

Schlicht und ziemlich funktional, kann man ihre Entwürfe charakterisieren. Außerdem schwingt da eine feine Fröhlichkeit mit. Wir sagen nur Seife und Bier!

„Diese Charakterisierung trifft auch auf Produkte zu, die wir in den ‚Solutions‘-Ausstellungen zeigen. Praktisch und sinnvoll muss ein Ding sein, das man täglich benutzt. Ein bisschen Augenzwinkern habe ich gern, sehen Sie nur meine ‚Pipe‘, ein Trinkglas in Pfeifenform, limitiert auf 100 Stück. Die ‚Ring Seife‘, ein Entwurf von 1994, kommt wie ein grafisches Element an der Wand des Badezimmers oder der Küche daher. Aufgehängt an einem Haken bleibt sie trocken und verbraucht sich weniger. Mit anderen Entwürfen aus den letzten 25 Jahren zeigte ich sie im Herbst beim ‚London Designfestival‘. Dort mit dabei der ‚Drop Jug‘, ein tropfenförmiger Krug aus hitzebeständigem Glas, und das neue ‚Cubit-Bierglas‘. Letzteres bezieht sich auf die regionale französische Tradition, Fruchtlikör mit Bier aufzugießen. Das einer Flasche nachempfundene Glas ist geschaffen dafür, in den Stiel wird der Likör eingeschenkt, dann das Glas mit Bier aufgefüllt. Erstmals zeige ich in Frankfurt Entwürfe am eigenen Messestand, mal sehen, was die Besucher zu meinen Weihnachtskugeln aus Gummi sagen.“

1 Lampe und Reflektor von
Luceplan
2 Korkenzieher von ENO
3 Sebastian Bergne Edition
Karaffe mit Glas
4 Sebastian Bergne Edition
Bierglas
5 Küchen-Bleistift von ENO

Stichwort „Solutions“. Meist kommen mehr als 150 Produkte in die engere Auswahl. Wie wählen Sie die Finalisten aus?

„Stellen Sie sich einen Raum vor, in dem viele geöffnete Pakete stehen. Gemeinsam mit Branchenkennern prüfe ich jedes eingereichte Produkt. Steht eine neue und vor allem clevere Idee dahinter? Ist das Produkt einfach zu handhaben? Bietet es eine echte Lösung für die alltäglichen Probleme in Küche und Haushalt? Wir probieren alles aus, testen etwa Korkenzieher an der Weinflasche oder bereiten Schnittgut für Messer vor. Das ähnelt durchaus einer kleinen Werkstatt. Wir diskutieren persönliche Favoriten, bis die Auswahl der interessantesten Produkte feststeht. Meist sind es 20 bis 25 Neuheiten, die uns am Ende wirklich überzeugen. Ein nächster Schritt sind Videoclips, welche die Handhabung demonstrieren und die wir in der ‚Solutions‘-Präsentation zeigen.“

Auspacken, staunen, ausprobieren. Hört sich ein bisschen wie Weihnachten an. Gab es bei den vergangenen „Solutions“-Präsentationen Produkte, die so kurios wie genial waren?

„Wir hatten beispielsweise eine Fliegenklatsche, die am Griff eine Pinzette besitzt, um die tote Fliege von der Wand zu entfernen. Vom Design her nicht wirklich außergewöhnlich, aber die Zusatzfunktion erwies sich als äußerst praktisch. Oft ist es nur ein kleines, manchmal unscheinbares Detail, das große Wirkung entfaltet. ‚Solutions‘ gibt genau dieser Experimentierbereitschaft und Ideenkraft der Hersteller eine Bühne. Apropos Weihnachten. Genial war ebenso der ‚Einpackdaumen‘ aus Kunststoff. Er fixiert Geschenkbandknoten und Schleifen beim Binden wie eine dritte Hand, ein erstaunliches Funktionsprinzip. Die einfachen und sehr intelligenten Alltagsprodukte sind mir tatsächlich die liebsten.“

Herr Bergne, home sweet home, wie werden wir Großbritannien als Partnerland der Ambiente kennenlernen?

„Unser Land hat sehr gute junge Designer. Typisch für viele ist, neue Ideen mit überlieferten Technologien umzusetzen, etwa bei der Keramik. Hier macht sich das Erbe der englischen Arts & Crafts-Bewegung bemerkbar, auf das wir stolz sind. Gleichzeitig haben revolutionäre Technologien Einzug gehalten. Aktuell arbeitet mein Studio mit einem amerikanischen Unternehmen zusammen, das 3D-Entwürfe in einem komplizierten High-Tech-Prozess in Metall ‚ausdruckt‘. Qualität und Preis sind markttauglich. Das heißt, in Zukunft können solche Produkte ‚on demand‘ hergestellt werden, was den Produzenten die Lagerhaltung einspart.“