Mann sitzt am Laptop und arbeitet von einem VW-Bus aus.

Workation – ein Trend mit Businesspotenzial.

Auf zu neuen Ufern! Die einen sehen in Workation eine fantastische Möglichkeit, dem Winter zu entfliehen oder sich den Traum einer Weltreise zu erfüllen. Andere, allen voran die Reisebranche, erkennen in dem weltweiten Trend vielversprechende Perspektiven für ihr Business. Denn arbeitende Gäste bleiben gerne länger. Dafür haben sie andere Bedürfnisse als jene, die einfach nur Urlaub machen. Eine New Work-Facette mit Chancen für viele Branchen von der Hotellerie über das Contract Business bis hin zu kreativen Marken für Wohndesign und persönliche Accessoires.

 

Sich die Welt ansehen, bleiben, wo es am schönsten ist und dabei auch noch Geld verdienen – wer dieses Lebenskonzept verfolgt, war früher vor allem in der Reise- oder Hospitalitybranche tätig. In den letzten Jahren hat sich das Bild jedoch massiv gewandelt. Immer mehr Digital Nomads, also Menschen, die für ihren Job primär digitale Technologien nutzen, führen ein multilokales Leben und sind zunehmend an Orten anzutreffen, an denen andere Ferien machen. Aufwind hat der Trend auch durch die Corona-Pandemie gewonnen, in der gerade viele junge Menschen die Lockdowns lieber im Ferienhaus am Meer verbrachten als im Homeoffice am Küchentisch.

Standsome
Standsome

Workation ist ein Kofferwort aus „work“ (Arbeit) und „vacation“ (Urlaub) und bedeutet, beides miteinander zu verbinden. Der Trend korrespondiert mit dem Konzept des „Work-Life-Blending“, also der Vermischung zwischen der beruflichen und privaten Sphäre. Und: Das Interesse an dem Thema ist weltweit so hoch wie nie. Das zeigen auch die Google Trends: 2021 sind die Suchanfragen für den Begriff „Workation“ um 247 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Internationale Studien wie die Travel Trends 2021 bestätigen diese Entwicklung: 43 Prozent der Befragten sind an Workation interessiert. Besonders begeistert zeigt man sich in China, wo der Wert bei fast 70 Prozent liegt. Weltweit würden 76 Prozent der Befragten ihren Urlaub um zwei oder mehr Wochen für eine Workation verlängern. Zu den ausschlaggebenden Kriterien für die Wahl des Ortes zählen ein stabiles und schnelles Internet, ein gesonderter Arbeitsbereich und vorhandene elektronische Ausstattung.

Die Reisebranche hat sich auf diese Entwicklung bereits gut eingestellt. Marktführer wie die TUI, die Robinsonclubs oder spezialisierte Agenturen wie OnWorkation bieten Firmen und privat Interessierten attraktive Fullservice-Pakete an: Traumdestinationen mit Highend-Ausstattungen fürs mobile Arbeiten. Betreiber*innen von Hotels und Ferienhäusern, die  von diesem Trend profitieren wollen, richten ihre Ausstattung zunehmend entsprechend ein. Dazu gehören nicht nur technische Features wie Highspeed-Internet, Steckdosen, Monitore, Kabel und Möglichkeiten zum Drucken, sondern auch Coworking Spaces, Work-Cafés und ergonomische Lösungen.

Vario

Einer dieser Experten ist das deutsche Unternehmen Vario, das als einer der innovativsten Büromöbelhersteller gilt. Die Marke entwickelt und fertig im eigenen Werk besonders wandlungsfähige Lösungen, mit denen es die Anforderungen des Megatrends New Work ins Herz trifft. Das Modulsystem „M1“ etwa ist speziell auf die Gestaltung hybrider Raumstrukturen ausgerichtet – von kompletten Arbeitslandschaften bis hin zu einzelnen Mikroarchitekturen, die zum Arbeiten in entspannter Atmosphäre animieren. Auch multifunktionale Sitz- und Zonierungssysteme eröffnen Hotels die Möglichkeit, ohne großen Aufwand attraktive Working-Areas im eigenen Corporate Design einzurichten. Eine sehr hohe Flexibilität bieten dabei Innovationen wie das Vario Stay, das sich werkzeuglos und daher sehr leicht immer wieder neu konfigurieren lassen.

„Nach der rasanten Entwicklung des Homeoffice in den letzten Jahren erleben wir aktuell vor allem zwei parallel verlaufende Trends in der Arbeitswelt: Zum einen sind Unternehmen sehr motiviert, das Büro als Raum vielseitiger Möglichkeiten und Ort der Begegnung neu zu gestalten. Es entstehen Orte mit Mehrwert, an denen die Menschen gerne ihren Arbeitsalltag verbringen. Zum anderen haben Unternehmen und Mitarbeitende erlebt, dass Arbeiten in vielen Fällen nicht mehr ortsgebunden stattfinden muss. So werden nach und nach auch Hotels in der ganzen Welt zu möglichen und fast vollwertigen Arbeitsorten. Ob Arbeitsplatz im Unternehmen, in einem Hotel oder Coworking Space – die angebotenen Dienstleistungen und auch die räumlichen sowie organisatorischen Möglichkeiten in Sachen Buchung und Verpflegung werden sich immer ähnlicher. Diese Entwicklung sehen wir nicht erst jetzt: Wir bereiten schon seit einiger Zeit unser Produktportfolio darauf vor“, berichten die Geschäftsführer von Vario Deutschland, Matthias Kurreck, Anton Flechtner und Collyn Präkelt.

Vario

Nicht jedem liegt das Arbeiten im öffentlichen Raum. Sind also Ruhe und Privatsphäre gefragt, führt auch in der Workation kaum ein Weg am „Homeoffice“ – oder besser „Room Office“ – vorbei. Die Zeiten vom Mini-Beistelltisch mit niedrigem Sessel in Hotelzimmern sind damit gezählt. Workation-Reiseanbieter werben vielmehr mit adäquaten Ausstattungen inklusive Schreibtisch und bequemem Stuhl. König + Neurath etwa widmet sich gezielt dem Thema Work-Life-Bending. Mit „NOOK.SHELL“ hat die international renommierte Marke jüngst eine innovative Variante eines Schalenstuhls auf den Markt gebracht, dessen Design sich individuell für Workspaces und private Sphären konfigurieren lässt.

Anders sein kommt an. Bei wenig Platz oder dem Wunsch nach hoher Flexibilität, lohnt sich das Denken „out of the box“. Hier hält der Markt überraschend (geniale) Lösungen bereit. Eine davon kommt von dem deutsch-kanadischen Hersteller Country Living: Dessen Alwin‘s Space Box birgt einen versteckten, massiven Tisch, der sich auf erstaunliche 110 cm ausziehen lässt und ebenso leicht wieder verschwindet, wenn er nicht gebraucht wird. Damit wird er zum smarten Gestaltungselement für Workation-fähige Appartements.

König + Neurath
Country Living
1 Desk Organizer von Monolith / 2 Laptopständer und Stehpultersatz von Standsome / 3 rollbares Podest von König + Neurath / 4 Ausziehtisch von Country Living / 5 ergonomische Sitzbälle von Vluv / 6 Kopfhörerhalter von Mags

Gute Gastgeber*innen denken mit und überraschen ihren Besuch auch mit kleinen Alltags-Hacks. Einer davon ist der Standsome. Ursprünglich gedacht als Ersatz für ein gesundes Stehpult, hat sich der Laptopständer zum Allzweck-Tool für Digital Nomads entwickelt. Für den extra Schuss Ordnung finden sich viele smarte Lösungen wie Desk Organizer im Miniformat oder Kopfhörerhalter als Designobjekt. Auch wenn es ums gesunde Sitzen geht, muss es nicht immer der klassische Bürostuhl sein. Moderne Sitzbälle sind nicht nur ein schicker Blickfang. Ungefüllt lassen sie sich leicht lagern, mit auf Reisen nehmen und stehen parat, wenn Gäste eine ergonomische Sitzgelegenheit wünschen.

 

„Remote first!“ – Interview mit Oliver Kremers

Besonders für die Millennials (Gen Y) und Post-Millennials (Gen Z) avancieren mobiles Arbeiten und Workation immer mehr zum Must-have. Eine EY-Umfrage zeigt: Neun von zehn Angestellten wünschen sich Flexibilität hinsichtlich Ort und Zeit ihrer Arbeit und sogar 50 Prozent der jüngeren Mitarbeiter*innen würden kündigen, wenn ihnen kein flexibler Arbeitsort ermöglicht wird. Auf der anderen Seite sind nicht alle Youngsters gleich begeistert von Remote-Jobs oder Workation. Viele können im Büro besser arbeiten, wünschen sich persönlichen Kontakt und möchten Privates und Berufliches klar voneinander trennen. Unterm Strich sind sich internationale HR-Experten jedoch einig, dass Workation einen großen Benefit darstellen und die örtliche Unabhängigkeit ein Zugewinn an Lebensqualität, Produktivität und Arbeitsmotivation bedeuten kann.

Das sieht auch Oliver Kremers so. Der Marketingexperte und Entrepreneur hat das Startup ChatWerk ins Leben gerufen. Seine Mission: Messenger-Kommunikation für den Mittelstand einfach und bezahlbar zu machen. Das Auftaktmeeting fand mitten im Corona-Sommer 2020 statt. Online natürlich. Für den Gründer stellt das mobile Arbeiten ganz klar ein Erfolgsrezept dar.

Oliver Kremers, Gründer des Startups ChatWerk

Bisher verfügte Ihr Unternehmen noch nie über ein gemeinsames Büro. Warum?

„Remote first“ war von Anfang an unser Motto, denn die richtigen Leute wohnen ja nicht unbedingt vor Ihrer Haustür. Allein unser vierköpfiges Gründungsteam kommt aus Berlin, Dresden, Köln und Saarbrücken. Als Corporate-Startup sind wir Teil der Unternehmensfamilie Müller Medien aus Nürnberg, wo wir aber auch kein festes Büro haben. Inzwischen zählen wir zehn kluge Köpfe, arbeiten mit einem europäischen Entwickler*innen-Team und freien Kreativen zusammen – und sind damit noch weiter verstreut.

Wie gestalten Sie die Zusammenarbeit?

Die meisten von uns arbeiten vom Homeoffice aus. Wenn es gewünscht ist, kümmern wir uns aber auch um Coworking-Spaces. Wir setzen auf Eigenmotivation und reduzieren Meetings auf das Notwendige. Kontrollinstrumente wie Zeiterfassung oder Ähnliches brauchen wir nicht. Das Engagement des Teams und die sichtbar hohe Produktivität sprechen Bände.

Dem Winter entfliehen und im Warmen arbeiten: Das geht zum Beispiel in Kapstadt. (Foto: Kerstin Männer)

Was ist für Sie der Unterschied von Homeoffice zu Workation? 

Ehrlich gesagt gibt es für mich da keinen nennenswerten Unterschied, da wir sowieso auf eine sehr freie und ortsunabhängige Arbeitsweise eingerichtet sind. Wir haben Kolleg*innen, die regelmäßig zwischen zwei, drei Standorten pendeln. Das Einzige, was ich davon mitbekomme, sind die wechselnden Hintergründe auf dem Bildschirm.

Wie gehen Sie mit dem Thema Workation organisatorisch um?

Bei uns organisieren sich alle selbst. Wenn Hilfe gebraucht wird, finden wir eine Lösung. Ein Thema ist beispielsweise die Erreichbarkeit, sprich die Zeitzone. Für unseren Kollegen mit brasilianischen Wurzeln etwa ist Workation die Chance, seine Familie über einen angemessenen Zeitraum hinweg zu sehen. Daher haben wir seinen Job so gestaltet, dass er kaum klassische Bürozeiten erfordert. Reisefreudigen bieten wir Ähnliches an. Warum nicht den Winter übersommern? Diese Freiheit motiviert und das kommt dem ganzen Team zugute.

 
Giuseppe di Natale

Equipment für Digital Nomads

Wer viel unterwegs ist, braucht auch das entsprechende Equipment. Das haben findige Hersteller erkannt und überraschen mit smarten Produktideen. Dazu gehören Nackenstützen, die zum Tablet- bzw. Laptophalter werden, Kissen, die den Rechner von unten kühlen, oder auch Refill-Flaschen und Lunchboxen für die nachhaltige Selbstversorgung. Aber auch Reiseutensilien und das gute alte Notizbuch haben weiter ihren Stellenwert. Denn wer reist, muss damit rechnen, auch mal offline unterwegs zu sein. „Modimo“ von Giuseppe di Natale ist ein nachhaltiges und wiederverwendbares Notizbuch mit Einband aus regeneriertem Leder und zwei nachfüllbaren Journalen, das sich perfekt für analoge To-Do-Listen eignet.

1 Lese-Sonnenbrille von Izipizi / 2+3 Bento-Box und Refill-Flasche von Black Blum London / 4 Endless Bottle von Alfi / 5 Rootote Air Rucksack, Vertrieb: Marks Deutschland / 6 Business-Taschen „Blue Line” aus recycelten PET-Flaschen / 7 Travel Kit mit Zipper, Vertrieb: Marks Deutschland
 
Marion Hentschel, Afrika-Kennerin und Gründerin der Reiseagentur SALT Concepts

Workation und Wale – Interview mit Marion Hentschel

Also Koffer gepackt und auf in die Workation. Nur wohin? Wer im Ausland arbeiten möchte, sollte ein paar Aspekte im Blick haben wie die Zeitzonen, Infrastruktur und individueller Erholungsfaktor. Je nach Bedürfnis, Budget und Sonnenhunger punkten hier laut der Reisebranche Destinationen wie Portugal, die Kanaren, Madagaskar, Spanien, Kalifornien oder die Seychellen, aber auch Bulgarien, Finnland oder Österreich.

Eine Destination, die dauerhaft im Trend liegt, ist Südafrika. Tendenz stark steigend. Dies bestätigt auch Marion Hentschel. Sie gründete 2008 ihre Reiseagentur SALT Concepts in Kapstadt. Einen Schwerpunkt legt sie auf anspruchsvolle Corporate Events, Incentives und MICE-Business und arbeitet mit einem großen Netzwerk ausgewählter Anbietern zusammen. Seit 2011 plant SALT Concepts auch für private Kund*innen maßgeschneiderte Individualreisen in das gesamte südliche Afrika.

Durch Ihren Business-Zweig arbeiten Sie sehr dicht an den New Work-Trends. Wann tauchte bei Ihnen das erste Mal das Thema Workation auf?

Südafrika ist eine beliebte Winteralternative, gerade für Europäer*innen. Daher gab es in Kapstadt schon immer viele Digital Nomads, die hier auf Zeit leben und arbeiten. Der Workation-Trend zeigte sich daher auch recht früh, ungefähr 2016/2017. Einer der Gründe dafür war, dass sich Airbnb in dieser Phase vom reinen Sofasurfing verabschiedete und neu aufstellte. Plötzlich gab jede Menge schöne und bezahlbare Wohnungen, die man über einen längeren Zeitraum mieten konnte. Der aktuelle Boom begann 2018/2019 und den Rest – das  kann man so sagen – hat die Corona-Pandemie erledigt. In den weltweiten Lockdowns hat das Thema mobiles Arbeiten eine völlig neue Dimension erfahren, wodurch viel mehr möglich ist als noch vor 2020.

Was macht Orte wie Kapstadt so attraktiv für Workation?

Das sind starke Argumente: die Zeitzone – im europäischen Winter haben wir nur eine Stunde Verschiebung – und die gute Infrastruktur. Zur Fußball-Weltmeisterschaft 2010 wurde flächendeckend Glasfaserkabel verlegt, was uns in vielen Gegenden ein fantastisches Highspeed-Internet beschert hat. Dazu kommen die attraktiven Wohnungen und Coworking Spaces, die über die ganze Stadt verteilt sind. Dadurch kann ich in nahezu jedem Viertel mein Quartier aufschlagen und mich mit einer pulsierenden internationalen Community vernetzen. Darüber hinaus schätzen viele Besucher*innen auch die europäische Atmosphäre, was den Einstieg in die neue Arbeitsumgebung recht angenehm macht.

Schnell ein Hotdesk gebucht und los geht’s: Arbeiten mit Blick auf die Waterkant. (Foto: Workshop 17)

Wer richtet sich an Sie? Eher private Personen oder Unternehmen?

Zurzeit erreichen uns eher private Anfragen, vor allem von Selbstständigen, die eigentlich schon immer ortsunabhängig arbeiten konnten. Was sich unseres Erachtens verändert hat, ist der Anteil derer, die diese Möglichkeit nun tatsächlich ausschöpfen.

Was gibt es für Interessenten zu beachten?

Wichtig ist, dass das Touristenvisum in Südafrika auf drei Monate begrenzt ist, und dass man damit nicht für eine lokale Firma arbeiten darf. Derzeit ist ein sechsmonatiges Visum für Digital Nomads in Arbeit. Über Aspekte wie diese sollte man sich idealerweise aktuell informieren. Und eines ist klar: Ein Land wie Afrika bedeutet auch immer ein wenig Abenteuer. Wir kämpfen hier beispielsweise mit der Energieversorgung, Stromausfälle sind an der Tagesordnung. Daher ist es sehr wichtig, dass die jeweiligen Locations eine hundertprozentige Stromversorgung garantieren. Das ist nicht immer der Fall. Daher empfehle ich, egal wo es hingehen soll, die Planung mit lokalen Reiseanbietern zu realisieren, die die Gegebenheiten vor Ort gut kennen.

„Work“ ist die eine Seite, „vacation“ die andere. Was empfehlen Sie Menschen, die beides verbinden wollen?

Auf jeden Fall sollte ich mir vorher Gedanken machen, was mir wirklich wichtig ist und die Zeit für Sightseeing, Genuss und Reisen einkalkulieren. Bevorzuge ich Natur oder urbanes Feeling? Wie wichtig ist mir der Blick aufs Meer? Wieviel lokalen Charme suche ich? Gut ist es auch zu entscheiden, was ich mir unbedingt ansehen will. Von Kapstadt aus kann man etliche wunderschöne kleinere Ausflüge machen, etwa in die Winelands, aber es gibt eben auch die Victoria Falls oder den Krüger-Nationalpark. Alles wird man nie während eines Aufenthalts schaffen. Daher empfehle ich, für jede Workation eine Top-down-Liste zu machen und Teile davon vorab fest zu buchen. Sonst jagt ein Online-Meeting das andere und ich fahre nach Hause, ohne die Big Five gesehen zu haben.

Die Waterkant ist ein touristischer Hotspot – und bietet zahlreiche Coworking-Spaces.

Titelbild: Standsome