Moderne Bürosituation mit vier Mitarbeitenden und einem Bürohund.

Lieblingsplatz: New Office.

Freie Zeiteinteilung, Frühsport statt Stau und Work-Life-Blending statt Burnout: Das Homeoffice ist zum Lieblingsarbeitsplatz vieler Arbeitnehmenden avanciert. Die Unternehmen hingegen wünschen sich verstärkt ihre Teams zurück ins Büro. Warum das in vielerlei Hinsicht eine gute Idee ist und wie es gelingt, wieder neu für die gemeinsamen Arbeitswelten zu begeistern, dazu liefern Expert*innen und Hersteller überzeugende Antworten und Lösungen.

 

Eines vorweg: Homeoffice und hybride Arbeitsmodelle werden bleiben. Darin ist sich die internationale HR- und New Work-Szene einig. Die 2022er McKinsey Studie „What is the future of work?“ etwa betont, dass in fortgeschrittenen Volkswirtschaften 20 bis 25 Prozent der Beschäftigten drei bis fünf Tage pro Woche von zu Hause aus arbeiten könnten. Unternehmen, die sich diesem Trend verschließen, werden sich im „War for talents“ wohl eher auf der Verliererseite wiederfinden. Interessanterweise hat die pandemisch bedingte Hochphase der Remote-Arbeit aber auch deren Schwächen offenbart. So formuliert Bill Schaninger, HR-Experte und Senior Partner bei McKinsey: „Wir waren alle erstaunt, wie viel wir bei der Arbeit aus der Ferne erledigen konnten. Es hat sich jedoch gezeigt, dass die Bindungen in der Kultur und die sozialen Verbindungen abgenommen haben.“

Workingcafé als zentraler Ort für Kommunikation (© König + Neurath)

Der gar nicht so kleine Unterschied

Aktuell versuchen Unternehmen weltweit den Gegentrend zum Homeoffice einzuläuten. Dass sie dabei große Überzeugungsarbeit leisten müssen, offenbaren aktuelle Daten: Auf der einen Seite wünschen sich große Teile der Firmen die Teams zurück ins Büro, rund 50 Prozent des leitenden Managements sogar in Vollzeit. Auf der anderen Seite bevorzugen die Beschäftigten das Arbeiten in einem flexiblen Umfeld, in den USA beispielsweise liegt dieser Wert bei 87 Prozent. Bereits 58 Prozent der Arbeitnehmenden arbeiten mindestens einen Tag im Homeoffice, 35 Prozent sogar fünf Tage.

Ähnliche Differenzen zeigt auch die gemeinsame Studie des deutschen Ifo-Institutes zusammen mit Forschungseinrichtungen aus Großbritannien, Mexiko und den USA. Die branchenübergreifende Umfrage in 27 Ländern ergab einen Homeoffice-Anteil von durchschnittlich 1,5 Tagen pro Woche. Insgesamt würden die Menschen ihre Arbeitszeit zu Hause gerne auf 1,7 Tage pro Woche ausweiten. Die Unternehmen hingegen wollen diese lieber auf 0,7 Prozent reduzieren und die Mitarbeitenden wieder räumlich näher bei sich wissen.

Räume, um gemeinsam etwas zu schaffen (© Designfunktion/Lennart Preiss)
Ort für Kreativität und Kommunikation (Designfunktion für © Piabo PR GmbH)

Zu Letzteren gehört auch Disney-Chef Bob Iger. Er formulierte Anfang 2023 in seinem Memo an die Mitarbeitenden die Gründe dafür: „Wie ich schon oft gesagt habe, ist Kreativität das Herz und die Seele dessen, was wir sind und was wir bei Disney tun. In einer kreativen Branche wie der unseren kann nichts die Möglichkeit ersetzen, sich mit Gleichgesinnten zu treffen, sie zu beobachten und gemeinsam etwas zu schaffen. Ebenso wie der Mediengigant wünschen sich auch andere globale Player wie Airbus, Amazon, Beiersdorf, KPMG, Starbucks, Twitter oder Zalando ihre Mitarbeitenden wieder in ihren Offices zurück. Doch die Zeiten haben sich geändert.

Die Verbindung (wieder) aufnehmen

Das weiß auch Samir Ayoub, geschäftsführender Gesellschafter der Designfunktion-Gruppe. Er hält wenig von der Idee, die Teams per Dekret zurück ins Büro zu beordern. Vielmehr rät er dazu, Unternehmenszentralen so umzugestalten, dass die Menschen freiwillig und gerne kommen, weil sie einen Mehrwert für sich erkennen. Der von Bob Iger erwähnte Wissenstransfer ist einer davon: „Allein der Fakt, dass man sich gemeinsam in den Räumen bewegt, trägt zur Vermittlung von Informationen, Erfahrungen und Unternehmenskultur bei. Von diesem ‚learning by the way‘ profitieren besonders, aber eben nicht nur Berufseinsteiger*innen.“

Darüber hinaus weist der New Office-Experte auf einen starken weltweiten Trend hin: die sinkende Loyalität der Beschäftigten gegenüber ihren Arbeitgeber*innen, die jetzt auf einen historischen Tiefststand gefallen ist. Vor allem in den USA hat „job hopping“ längst die Treue zum Unternehmen abgelöst. Schon 2020 betrug dort die Verweildauer in einer Anstellung gerade einmal eineinhalb bis zweieinhalb Jahre. Und auch in Europa zeigt sich der Wandel: In einer deutschen Umfrage aus 2022 gab die Hälfte der Befragten an, offen für einen Jobwechsel zu sein bzw. sich nicht vorstellen zu können, dauerhaft auf der aktuellen Stelle zu bleiben. Es mangelt offensichtlich an Wir-Gefühl. Unternehmen, die die rar gesäten Fachkräfte nicht nur gewinnen, sondern auch halten wollen, suchen daher Wege, wie sie die Verbindung zu ihren Teams aufbauen und vertiefen können. Dazu haben wir Samir Ayoub interviewt und gefragt, welche Rolle Räume bei dieser Herausforderung spielen.

 

„Teeküche als schönstes Workingcafé der Stadt“ – Interview mit New Work-Experte Samir Ayoub

Samir Ayoub (© Designfunktion/Lennart Preiss)

Das Homeoffice ist für Berufstätige weltweit nicht mehr aus dem Arbeitsalltag wegzudenken. Allerdings wünschen sich nicht wenige Unternehmen, dass ihre Teams – zumindest in Teilen – zurück ins Büro kommen. Welche neuen Kriterien müssen die Arbeitswelten erfüllen, damit sie wieder an Attraktivität gewinnen?

Samir Ayoub: An eine vollständige Rückkehr ins Büro glaube ich so wenig wie an den einzig richtigen Weg für alle. Aus meiner Sicht geht es bei der Etablierung zukunftsgewandter Arbeitsmodelle vielmehr darum, alle drei physischen Welten – sprich: Unternehmensbüro, Homeoffice und Drittplätze von Co-Workingspace bis Workation – bestmöglich auf die jeweilige Organisation abzustimmen. Eines ist dabei klar: Im Bemühen um Fachkräfte sind Unternehmen gut beraten, ihre Werte, Marke und Produkte stärker erlebbar zu machen. Denn wenn die Mitarbeitenden schon so viel weniger vor Ort sind, sollten Unternehmen die Chance nutzen, ihnen hier eine kulturelle und identitätsstiftende Aufladung zu geben. Dazu gehört sicher mehr, als das Logo im Foyer aufzuhängen. Vielmehr geht es darum, Räumen eine klare Identität zu verleihen und die Menschen wirklich zu begeistern.

Die Marke erleben (Designfunktion für Yves Rocher © Joel Hieber/René Lamb)
Offene Arbeitslandschaft mit „Office Kitchen“ (© Vario)

Eine große Rolle spielen dabei eine überzeugende Ausstattung und ein wirklich attraktives Arbeitsumfeld, das mit neuen, menschenzentrierten Raumkonzepten arbeitet. Dazu gehören zum einen multifunktionale, agile Raumangebote, die auf co-kreative und kollaborative Arbeitsmethoden ausgerichtet sind, aber auch Spots, die Ruhe und Privatsphäre für das konzentrierte Arbeiten oder Calls bieten. Zum anderen braucht es attraktive Orte zum zwanglosen Vernetzen und Verbinden. Oder anders gesagt: Die ehemalige Teeküche muss zum schönsten Workingcafé werden – am liebsten mit den besten Kaffee- und Teespezialitäten der Stadt. So entstehen Orte, die begeistern und bewirken, dass ich mich als Teil des Ganzen fühlen möchte.

Sie sprechen davon, dass der „Raum zum Klebstoff der Teams“ wird. Welche Idee steckt dahinter?

Samir Ayoub: Derzeit wird sehr viel über Mitarbeiter*innenbindung gesprochen. Wenn wir Räume kulturell aufladen und darin spürbar machen, wofür die Firma steht, dann lassen sich Menschen davon begeistern und verbinden sich leichter – und zwar sowohl miteinander als auch mit der Organisation. Denn es geht es immer um diese beide Ebenen: Auf der einen Seite suchen wir Menschen als soziale Wesen andere Menschen. Das betrifft das Wir-Gefühl und die Teamzugehörigkeit. Die Überschneidung von eigenen Idealen und dem Sinn, den ich in der meiner Arbeit sehe, mit den Werten und dem Zweck des Unternehmens, ist die Basis für eine starke Mitarbeiter*innenbindung. Damit tauchen wir direkt ein in die Purpose-Diskussion, was auch klar macht, dass die Gestaltung zukunftsfähiger Arbeitsumgebungen mehr ist als ein paar Möbel zu rücken.

Wissen, wofür die Firma steht (Designfunktion für Ströer © AKIM Photography)
Raumangebote fürs selbstbestimmte Arbeiten (Designfunktion für © Piabo PR GmbH)

Wie können konkrete Umsetzungen aussehen? Was sind die Must-haves, auf die sich Unternehmen fokussieren sollten?

Samir Ayoub: Im Wesentlichen geht es um die genannten drei Raumtypen: Angebote für Kollaboration bzw. Co-Kreation, Orte zum Vernetzen und solche fürs fokussierte Arbeiten. Solche Multispace-Angebote steigern nachweislich die Begeisterung und Produktivität der Teams, was auch unsere gemeinsamen Studien mit dem Fraunhofer Institut zeigen. In der praktischen Umsetzung reicht das Spektrum von hoch agilen Raumformaten für das hybride Arbeiten bis zu klassischen, ergonomischen Sitz- und Steharbeitsplätzen, die übrigens weiterhin ihre Berechtigung behalten. Denn tatsächlich hat nicht jede*r die Möglichkeit, sich zu Hause einen adäquaten und gesunden Arbeitsplatz einzurichten. Diese werden aber nun ergänzt durch eine Vielzahl an New Office-Angeboten.

 

Gesundheit im Fokus: ergonomischer Monitorhalter (© Durable)
Schalldichte Module und Fokusräume (© IOC Projectpartners)

Dazu gehören Telefonzellen für Calls und Online-Meetings, technikfreie Fokusräume, perfekt ausgestattete kleine Besprechungsräume für zwei bis vier Personen bis hin zu den Workingcafés, die eine zentrale Rolle im sozialen Geflecht übernehmen. Auch die Infrastruktur kann und sollte neu gedacht werden: Empfang, Garderobe, Spinde, Technikstationen, etc. All das wird gebraucht, aber eben anders. Und idealerweise haben wir Räume, mit denen wir beispielsweise die großen Town Hall-Meetings auch mal wieder aus dem virtuellen in den analogen Raum zurückholen können und die Anlässe für die persönliche Begegnung schaffen.

Marke trifft Ergonomie: Bloon Sitzbälle (© By courtesy of NEXT Win-Win Laurent Boaretto)

Der Markt ist reif

Innovative New Work-Anbieter haben sich übrigens schon längst auf die Einrichtung zukunftweisender Arbeitsumgebungen eingestellt. Führend darin sind international agierende Unternehmen wie Bloon, Dieffebi, Durable, IOC Conceptpartners, König + Neurath oder Vario. Im Fokus ihrer Entwicklungen stehen menschenzentrierte Konzepte und Einrichtungsgegenstände, die die verschiedenen Bedürfnisse des modernen Arbeiten adressieren. Diese reichen vom ergonomisch perfekt ausgestatteten Arbeitsplatz über schalldichte Module und inspirierende Kreativ- und Besprechungsräumen bis hin zu wohnlichen Inseln für Kommunikation, Meetings oder auch Ruhe.

Die Idee hinter den oft stylisch wirkenden Konzepten erläutert Georg Frech, Leiter der K+N Academy: „Die letzten drei Jahre der Unbeständigkeit und Unsicherheit haben die Menschen im Büro zu einer recht turbulenten Achterbahnfahrt eingeladen – mit positiven und negativen Erfahrungen. Das alles geschah im Rahmen immer komplexerer und mehrdeutigerer Systeme. Der Weg zurück ins Büro – in welcher Form auch immer – verlangt deshalb unbedingt nach gelebter Identität, Integrität und Sinngebung. Akzeptiert man diese grundsätzlichen Eckpfeiler bei der Entwicklung eines modernen Bürokonzeptes und achtet darüber hinaus auf gesuchte (Mehr)-Werte und Freiräume, wird dieser Weg ein erfolgversprechender, mit (sozialen und wirtschaftlichen) Synergien versehener sein. Immer mit dem Menschen im Mittelpunkt.“

 

Klassischer Arbeitsplatz neu gedacht (© Dieffebi)

Hand in Hand dazu hält auch der Trend zu agilen, kreativen und kollaborativen Methoden in projektbezogenen Teams an, der seinerseits sowohl flexible Arbeitswelten als auch die entsprechende Ausstattung von der interaktiven Station bis hin zu analogen Ordnungssystemen erfordert. Auch hierfür bietet der Markt ein beeindruckendes Angebot und kreative Hersteller, die sowohl praktikable Lösungen als auch zahlreiche wertvolle Inspirationen präsentieren.

Must-haves für agile Arbeitsweisen: 1 Whiteboard mit Magneten (Dahle) / 2 Kopfhörerhalter (Tufetto) / 3 Bildschirmstation für hybride Meetings „interactiv“ (Rocada) / 4 Reinigung für Screens und Gadgets (Platinet) / 5 Ordnungssysteme (Makenotes)
 

Headerbild: Designfunktion