Sternekoch Quique Dacosta – achtsamer Avantgardist.

Quique Dacosta ist keiner, der sich auf dem Erreichten ausruht. Der Drei-Sterne-Koch, dessen Restaurant im spanischen Denia zu den 50 besten der Welt zählt, will Spuren hinterlassen. Wie er das machen möchte und welche Rolle dabei Design für Küche und Tisch spielt, verriet er uns auf der Ambiente.

Sohn der Tradition
Das Unternehmen, für das Quique Dacosta an den Main gereist ist, ist weltweit bekannt für erstklassige Messer. Diese sind, das bestätigt jeder Chef de Cuisine, das wichtigste Basic in einer Küche. Doch nicht nur die scharfen Klingen von „Arcos“ überzeugen den international gefragten Maítre: „Ich gelte bei den Kritikern als Avantgardist. Und das ist auch richtig“, sagt Dacosta, der bekannt ist für experimentelle Kreationen. „Doch meine Ambitionen, Neues zu schaffen, erwachsen aus der Tatsache, dass ich ein Sohn der Tradition bin. Da fühle ich mich als Markenbotschafter einer Familien-Manufaktur, deren Geschichte bis 1745 zurückreicht, natürlich besonders gut aufgehoben.“

Quique Dacosta-Arcos-Tradition

Werte von gestern, Wertvolles von morgen.
Tradition und Innovation sind für Quique Dacosta also nicht nur kein Widerspruch, „sie bedingen einander sogar“. Dies ließe sich sowohl auf die Küche als auch auf das Thema Design übertragen, „solange man respektvoll mit den Errungenschaften unserer Vorfahren umgeht. Wenn man etwas hat, das gut ist und über Generationen funktioniert hat, muss man es nicht neu erfinden. Aber alles lässt sich optimieren.“ Man könne heute bessere Messer, Töpfe und Pfannen herstellen als vor hundert Jahren, ebenso wie man klassische Gerichte zeitgemäß zubereiten könne, „aber nur, wenn man nicht versucht, die Faktoren, die die Qualität bedingen, zu ersetzen. Ich bin nicht gegen Fortschritt. Im Gegenteil! Aber es gibt nun mal handwerkliche Prozesse, regionale Produkte, altbewährte Verfahren, die sich nicht ersetzen lassen. Ein guter Koch weiß das. Ein guter Designer weiß das auch.“

Innovation-Fronteras-Carbonara

Fortschritt durch Fusion
„Tradition ist nichts Statisches, sondern erwächst aus der Evolution. Eine wichtige Rolle bei allen Entwicklungen spielte stets der kulturelle Austausch“, erklärt Quique Dacosta. „Nehmen wir die mediterrane Esskultur: Sie hat sich im Laufe der Geschichte aus den verschiedensten Einflüssen entwickelt. So stammen die Grundzutaten für unsere wichtigsten Gerichte wie Kartoffeln, Tomaten, Zitrusfrüchte und Reis ursprünglich aus Amerika und Asien. Im Grunde ist unsere Küche, unsere Tradition an Tisch und Herd, das Ergebnis einer Fusion. Und diese setzt sich fort.“ Eine Erkenntnis, die der Spitzenkoch tagtäglich nutzt. So findet man unter den Kreationen für seine aktuelle Karte, die er unter dem Arbeitstitel „Fronteras“ (Grenzen) beispielsweise auf Facebook präsentiert, moderne Crossover-Interpretationen von Klassikern wie Paella oder dem italienischen Exportschlager „Carbonara“. Was er dabei anders macht? Er fasst die filigranen Tellerkunstwerke mit einer recht bescheidenen Definition zusammen: „Ich lasse stets ein Fenster offen, um frischen Wind hineinzulassen.“

Tisch-Dekoration-Gruene Sosse

Made in Germany
Solch „frischen Wind“ hat Dacosta natürlich auch bei seinem Frankfurt-Besuch geschnuppert. „Die Grüne Soße ist spannend, warum der Apfelwein mit Wasser reduziert wird, verstehe ich allerdings nicht“, lacht er und zieht das Fazit, dass die deutsche Küche durchaus das Zeug zum Exportschlager habe. Wie deutsches Design, das bis heute für ein Höchstmaß an Qualität und Funktionalität stehe. „Und für eine ganz besondere Ästhetik, eine ganz eigene Formensprache“, betont der Sternekoch abschließend. „Und diese begeistert längst nicht mehr nur technikfokussierte Designliebhaber und Puristen. Das Schlichte, Reduzierte bietet ein hohes Maß an Möglichkeiten der Inszenierung. Gerade auch beim Thema Tischdekoration und Präsentation der Speisen. Da ist dann Kreativität gefragt. Und Leidenschaft! Und die ist ohnehin die wichtigste Zutat für jeden Koch, jeden Designer, jeden Kreativen. Um Dinge von Wert zu schaffen, Nachhaltiges für kommende Generationen. Um Spuren zu hinterlassen.“