Kaffeezubereiter: die Lust am Geschmack.

Was hält die Kaffeewelt in Bewegung, was macht sie immer wieder aufs Neue so spannend? Es ist die Lust am Experiment bei der Kaffeezubereitung, welche permanent Innovationen entstehen lässt und den Blick auf geschmacksintensivierende Kaffeemaschinen, Handfilter und Brühmethoden schärft. „Kaffee als Trend ist schon recht hartnäckig“, freuen sich die jungen Kaffee-Enthusiasten Julian Ploch und Matthias Hoppenworth, die in Frankfurt eine Kaffeerösterei und mehrere Spezialitätencafés abseits des Mainstreams betreiben, unter anderem in der neuen Altstadt. Die beiden Unternehmer wissen um die Kennerschaft, die sich bei Kaffeeliebhabern entwickelt hat, und sie schätzen das Potential der Kaffeezubereiter, neue Türen des Geschmacks aufzustoßen. Viele Wege führen zum perfekten Kaffee. Erfahren Sie mehr über spannende technische Neuerungen, Kaffeezubereiter als Designobjekte und die Trends!

 

Filtern, filtern, filtern!

Die dritte Welle? Der Frankfurter Kaffee-Avantgardist Julian Ploch erklärt: „Die erste Welle der Kaffeebegeisterung kam nach dem Zweiten Weltkrieg, das heißt, die Massenverbreitung von Handfiltern. In den 1980er-Jahren wiederum eröffneten in den USA die ersten Coffee-Shops, wie wir sie heute kennen, und in der dritten, aktuellen Welle geht man mit Craft Coffee noch handwerklicher an die Zubereitung heran. Craft Coffee ist kein industriell gefertigtes Massenprodukt, hier geht es vor allem um Qualität, Fairness und Genuss. Auch sind helle Röstungen, die zunächst in den USA und Skandinavien aufkamen, wider Erwarten ein anhaltender Trend. Sie schmecken fruchtig und floral, und sind nicht so bitter wie die klassischen, italienischen Röstungen. Die Aromen der hellen Röstungen passen perfekt zu Filterkaffees, die einen absoluten Imagewechsel erlebt haben.“ Wie die Hersteller auf diesen Trend reagieren und die technischen Voraussetzungen dazu weiterentwickeln, machen unter anderem die vielen neuen Handfilter aus Glas und die raffinierten Pour Over-Lösungen deutlich.

Melitta Momentum

Oft ist gar kein Kaffeefilter aus Papier mehr notwendig und das frisch gemahlene Kaffeepulver wird, wie bei dem höhenverstellbaren Kaffeebereiter von AdHoc und der tragbaren Cold Brew-Kaffeemaschine von Asobu, durch einen Kaffeefilter aus Edelstahl geleitet. Traditionshersteller Melitta geht noch einen Schritt weiter, indem in den Pour Over-Kaffeebereiter gleich ein Mahlwerk integriert wurde. Gleichzeitig ist bei diesen Systemen Zero Waste quasi voll erfüllt, und einige Geräte, darunter die Kaffeemaschine von Ritterwerk, toppen dies noch mit extrem energiesparenden Brühverfahren.

1 Ritterwerk Filterkaffeemaschine / 2 Pour Over-Kaffeemaschine von Asobu / 3 Pour Over-Kaffeebereiter von Beem / 4 AdHoc Kaffeebereiter

Bella Figura: Kaffeezubereitung wie beim Italiener

Hervorragende Filterkaffeemaschinen, mit denen der Kaffee wie handgefiltert schmeckt, zeichnen sich durch eine sehr hohe, optimale Brühtemperatur von etwa 96 Grad Celsius aus. Auch bei der Kaffee-Filterstation von Cilio werden auf diese Weise die Aromen perfekt herausgekitzelt. Geschmacksbooster ist ein rotierender Wassertank, der das Kaffeepulver langsam und gleichmäßig mit heißem Wasser übergießt. Wie bei den neuen Modellen generell zu beobachten, steht eine minimalistische Designsprache im Vordergrund, die handwerkliche Präzision ist bis ins Detail zu spüren. Wem es um nostalgisches Flair geht, bekommt bei den pastellfarbenen Kaffeemaschinen im Vintage-Look von Ariete den richtigen Kick. Optisch den Vorbildern aus der Rock-’n’-Roll-Ära nachempfunden, wartet ihr Innenleben mit modernster Technik auf. Mit einer solchen edlen Retro-Optik überzeugt uns auch die Espressomaschine von KitchenAid, mit der die Zubereitung von echtem italienischem Espresso wirklich kinderleicht ist. Im Kern haben wir es hier mit einer kleineren Barista-Version der professionellen Espressomaschinen zu tun, die man so oft in Cafés sieht. Dank ihres speziellen Siebträgersystems kann man Kaffeepulver ebenso wie praktische Kaffeepads benutzen.

1 Siebträger-Espressomaschine von Graef / 2 Ariete Filterkaffeemaschine / 3 Espressomaschine von KitchenAid / 4 Cilio Filterkaffeemaschine
Hübsch Interior
Gastroback

Apropos klein und leistungsstark. Beim originellen Ein-Tassen-Kaffeeautomat von Clatronic kommen beide Prinzipien in Reinform zusammen – er passt in die kleinste Ecke und zeigt, was er kann. Einmal ausprobiert, wird man ein tägliches Barista-Ritual molto privato mit Kaffee-Dauerfilter und mitgelieferter Porzellantasse lieben. Weil aber gerade morgens oft die Zeit fehlt, punktet ein anderes Mini-Kraftpaket, die schlanke Kaffeemaschine von WMF, mit einer überaus klugen Funktion: ein 24-Stunden-Timer sorgt für pünktlichen Genuss aus der Kaffeekanne. Aufwachen, genießen und mit dem Thermotrinkbecher nimmt man den Wachmacher gleich mit auf den Weg ins Büro.

1 Kaffeemaschine von WMF / 2 Solis Siebträgermaschine / 3 Ein-Tassen-Kaffeeautomat von Clatronic
Leopold Vienna

Verjüngte Klassiker: alles bleibt anders

Bei Kaffeezubereitern auf Barista-Niveau wie Espressokocher, Siebträgermaschinen und Pressstempelkannen (French Press) tut sich ebenfalls so einiges – und zwar vor allem in Sachen Flexibilität und durchdachtes Design. Aroma zum Mitnehmen, was dabei zum wichtigen Thema geworden ist, garantiert French Press bei PO: Selected mit einer stylischen To go-Variante, die genau wie die kleine Espressokaffeemaschine von Wacaco für alle Outdoor-Aktivitäten wunderbar geeignet ist. Letztere ähnelt einer sportlichen Taschenlampe und nimmt als Wanderbegleiter wenig Platz in Anspruch. Klein und fein ist auch die Devise des herzroten Bialetti-Espressokochers für zwei Tassen, der gern mit auf Camping-Tour geht.

1 Bialetti Kaffeemaschine / 2 Espressomaschine To-Go von Wacaco / 3 French Press von PO: Selected

Individualität und Ästhetik bei der Zubereitung werden insgesamt weiter großgeschrieben, was insbesondere Pour Over-Handfilter und Espressokannen jetzt sehr selbstbewusst zeigen. Sensationell futuristisch und eine gelungene Idee aus Aluminiumguss finden wir hier den Kaffeebereiter von O-Lyfe, der wahlweise mit Papier- oder Edelstahl-Kaffeefilter funktioniert. Die minimalistischen Linien bringen das robuste Material stilsicher zur Geltung. In diese designorientierte Reihe gehören Neuauflagen von Klassikern wie die Edelstahl-Espressokanne aus dem Jahr 1979 des Münchner Stardesigners Richard Sapper für Alessi. Der fast rohe, technische Entwurf erinnert an die Bauhaus-Formensprache und zeichnet sich durch Sappers charakteristische Sachlichkeit der Dinge aus, die ausgezeichnet zum handwerklichen Anspruch der hochwertigen Kaffeezubereitung passt.

Alessi
O-Lyfe
Hario

Ein Comeback in Zeiten neuer Werte und der Entschleunigung feiern klassische Cona-Kannen mit ihren zwei übereinanderliegenden kolbenartigen Glaskammern. Das hier zugrunde liegende Unterdruck-Prinzip wurde Anfang des 19. Jahrhunderts in Deutschland erfunden. Man braucht etwas Muse, da sich bei diesem Verfahren der fertige Kaffee viel Zeit zum Durchlaufen nimmt. Hersteller Hario kombiniert jetzt den optisch sinnlichen Vakuumbereiter mit dem Prinzip der italienischen Herdkännchen, sprich, das Pulver wird vollständig in Wasser aufgelöst und dann durch Papier gefiltert, wodurch der Kaffee viel Körper fürs samtige Gaumengefühl entwickelt.

Perfekt gemahlen für die Kaffeezubereitung

Überrascht sind wir von der neuen Generation der Kaffeemühlen – für eine echte Kennerschaft sind diese Geräte bekanntermaßen unerlässlich: Erst jeweils frisch gemahlene Kaffeebohnen machen jede Art des Aufbrühens zum Geschmackserlebnis. „Zurück-zu-den-Wurzeln“, stellen wir auch hier fest – man sieht jetzt wieder viele Handkaffeemühlen. Unterm modernen Design steckt bei diesen bewährt-verfeinerte Technik, die mit der Kurbel bequem zu handhaben ist. Wer auf ein Keramikmahlwerk schwört, nimmt die manuelle Kaffeemühle von Crush Grind zur Hand. Elektrische Kaffeemühlen hingegen decken die zahlreichen Mahlgrade von fein bis grob äußerst präzise ab und sind daher besonders geeignet für das Mahlen von Espressobohnen, da nur ausgesprochen feines Kaffeepulver Espressomaschinen und -kocher ihr Bestes geben lässt. Das weiß auch das deutsche Familienunternehmen Cloer, wo seit Generationen bei elektrischen Kaffeemühlen Maßstäbe gesetzt werden, aktuell mit Mahlwerken für extrem homogene Ergebnisse. Von Smeg gibt es italienische Kaffeemühlen im Retrolook und mit Clou: Die Kaffeebohnen können elektrisch und wahlweise manuell gemahlen werden, etwas, was Feinschmecker auf der Suche nach der besten Kaffeesignatur zu schätzen wissen.

1 Smeg Kaffeemühle / 2 Manuelle Kaffeemühle von Crush Grind / 3 Elektrische Kaffeemühle von Cloer

Querdenker und Stromsparer

Immer wenn man meint, es seien alle mechanischen Verfeinerungen und ressourcensparenden Varianten gefunden und ausgereizt, legen die Hersteller von Kaffeemaschinen erstaunliche Innovationen nach. Bestes Beispiel ist die weltweit erste portable All-in-one-Kaffeemaschine, die der koreanische Hersteller Cafflano vorstellt – Keramik-Kegelmahlwerk, Pour Over-Hilfe im Deckel, Filter und Cup in einem. Die einklappbare Kurbel verschwindet platzsparend im Deckel, und durch die modulare Konstruktion sind sämtliche Teile einzeln abschraubbar und mit Drehverschluss schnell zusammengebaut und gereinigt. Mit anderen Worten – eine komplette und übrigens federleichte Kaffee-Brauerei für unterwegs. Oder, noch eine clevere Tüftelei: die Kaffeepresse mit dem Twist von Barista & Co., bei der die Techniken Übergießen und Druckbrühen kombiniert werden – mittels manueller Drehbewegung. Und auch dieser kleine Stromsparer hat es in sich: ein vom israelischen Studio Aroma entwickeltes Kapselgerät, das erste nicht elektrische seiner Art – unschlagbar im Komfort und die Zukunft im Energieverbrauch.

1 Cafflano All-in-One-Kaffeemaschine / 2 Studio Aroma Kapselgerät / 3 Kaffeepresse von Barista & Co.

Dalgona & Co. – traditionell wird experimentell

Zurück zur perfekten Welle. Aktuell schwimmt der koreanische Dalgona-Kaffee – eine luftige Creme aus löslichem Kaffeepulver mit viel Zucker auf eiskalter oder warmer Milch – dank TikTok und Instagram als Trendgetränk ganz oben mit. „Ob sich Dalgona-Kaffee dauerhaft bei uns hält, wird man sehen“, ist Julian Ploch eher skeptisch. In seinen Cafés, die experimentierfreudig am Puls von jungen Kaffeeliebhabern sind, ist ein anderer Trend dagegen längst Standard: „Flat White, das heißt, mit viel feinporigem Milchschaum – so geht jeder Cappuccino bei uns raus. Wir adaptieren Trends so wie sie uns gefallen. In den USA beispielsweise sind Kaffeekaltgetränke sehr erfolgreich. Wir bieten zwar auch kalten Kaffee an, aber wir brühen ihn nicht kalt, sondern heiß und kühlen ihn dann, das finden wir einfach leckerer.“ Doch Kaffee muss nicht nur gut schmecken, sondern auch fotogen sein, um sich behaupten zu können: Beispiel Nitro Coffee, jenen mit Stickstoff versetzten Cold Brew, der einem frisch gezapften Bier so ähnlich sieht. „Optisch macht dieser viel her. Nitro Coffee wird immer noch bei uns nachgefragt, obwohl der Trend schon älter ist“, stellt Julian Ploch fest.

Nachtmann
Hoppenworth & Ploch in Frankfurt, © Lea Lüdemann

Zukunft der Kaffeezubereitung

Es könnte eng werden für den Kaffee: Da es aufgrund des Klimawandels immer weniger und unzuverlässiger regnet, rechnen Wissenschaftler mit erschwerten Bedingungen für den Kaffeeanbau. Schon länger suchen Lebensmittelwissenschaftler und Biochemiker nach Alternativen zur herkömmlichen Kaffeebohne. Ein vielversprechendes Ergebnis ist Atomo Coffee, ein molekularer Kaffee, welcher aus Resten anderer Lebensmittel wie etwa Schalen von Sonnenblumenkernen, gerösteten Dattelkernen und Sesam besteht. Riecht wie Kaffee, schmeckt wie Kaffee, ist aber keiner. „Zwar wird in der Zukunft das Konzept Kaffee weiter bleiben, auch wenn das Getränk nicht mehr die extreme Bedeutung wie heute haben wird“, ist Julian Ploch überzeugt. Unsere Prognose: Klimarobustere Kaffeesorten oder Rohstoffalternativen könnten andere Brühverfahren erforderlich machen. Kaffeemaschinen und Handfilter werden darauf reagieren und dabei ihren Fokus noch stärker auf Nachhaltigkeit und puren, reinen Luxus legen. „Die großen Kaffeevollautomaten in Küchen und Büros, die heute für einen einzigen Espresso lange hochfahren müssen, werden sicher kompakteren und energiesparenderen Lösungen Platz machen“, so Kaffee-Experte Julian Ploch. Außerdem könnten recycelter Kunststoff und andere ressourcenschonende Materialien bei den Kaffeezubereitern zur Normalität werden. Vermutlich verändern sich auch Zubereitungs- und Kaffeetrinkrituale entsprechend unseres Lebensstils in den nächsten Jahrzehnten. Bei allem ist eines sicher: Eine Zukunft ohne Kaffee ist nicht vorstellbar.

 

Titelbild: O-Lyfe