Jesper Efferbach infront of a green backround holding a wine glass. On the left side of the picture you can see a glass of his Timeless Collection infront of a black background.

HOSPITALITY WIRD JETZT GREEN.

„Die ‚neue Normalität‘ ist da. Die Coronapandemie hat verändert, wie wir einen Gast bedienen. Vieles wird dauerhaft bleiben.“ Für Jesper Efferbach, Gründer der Unternehmensberatung Jeff&Co Group und international renommierter Green Hospitality-Experte, haben die vergangenen zwei Jahre den Blick auf die Optimierung von Gastlichkeit und Gasterlebnis noch geschärft. Im Interview erläutert er Strategien und interessante Perspektivwechsel. Außerdem gibt der Kenner ausgesuchte Sterne-Restauranttipps für Kopenhagen sowie einen Einblick in den royalen Haushalt von Kronprinzessin Mary von Dänemark. 

 

Jesper Efferbach hat durch seine beruflichen Stationen – zunächst als Koch und leitend im F&B-Management tätig, danach im Vertrieb und Marketing für führende Lebensmittel- und Geschirr-Hersteller – umfassende Branchenkenntnisse „beiderseits des Tisches“ erworben, um heute weltweit erfolgreiche Unternehmen bei Produktverbesserungen und -innovationen zu beraten. Parallel entwirft Jesper Efferbach nicht nur Glaswaren exklusiv für das dänische Königshaus, sondern hat sich auch als Designer hochwertiger Trinkglasserien einen Namen gemacht. Für den Green Hospitality-Experten hat die anhaltende Coronapandemie das allgemeine Bewusstsein für Verantwortung, Hygiene und Nachhaltigkeit verstärkt: „Wir brauchen mehr ‚grüne‘ Produkte aus regionalen Rohstoffen.“ Er will sogar eine Wurzel gefunden haben, die „überall in Europa“ wächst und vieles revolutionieren könnte.

 

Jesper Efferbach, können Sie von einer Essenz beim Gasterlebnis aus Ihrer Erfahrung als Green Hospitality-Experte sprechen?

„Grundsätzlich geht es darum, einen Mehrwert zu schaffen, um Entertainment. Beim Verlassen eines Restaurants muss sich der Gast glücklicher fühlen, dann kommt er wieder. Kreative Designs haben maßgeblich Anteil am positiven Gasterlebnis. Der erste visuelle Eindruck ist enorm wichtig. Wie ist unser Empfinden, wenn wir ein Restaurant oder eine Bar betreten und wie werden uns Getränke und Speisen serviert? Jeder Gast ist ein Kritiker, schmeckt, riecht, fühlt. Für den Gastgeber wiederum müssen gute Trinkgläser sowie sämtliches Geschirr hohen praktischen Anforderungen genügen, unter anderem sollte vieles stapelbar und alles leicht zu reinigen und hygienisch sein. Hier muss ein Mehrwert neben der Ästhetik vorhanden sein.“

Tin Can Kollektion von Jesper Efferbach für Pasabahce, Fotos: ©cocktailpete, ginforeveryone

Wer sind Ihre Kunden und was sind Ihre Schwerpunkte?

„Wir arbeiten sowohl mit Zulieferern für die Food- und Non-Food-Industrie als auch mit Hotel- und Restaurantketten sowie Kreuzfahrtgesellschaften zusammen. Als Jeff&Co Group konzipieren wir – und das ist eine der drei Säulen des Unternehmens neben Design und Beratung – nachhaltige, umweltfreundliche Projekte und Maßnahmen – solche, die gleichzeitig effizient und profitabel für unsere Kunden und Partner sind, denn wir sagen, Nachhaltigkeit muss nicht teuer und komplizierter sein. Ich koche auch mit Kunden, um ihnen zu zeigen, das Tabletop, das ich ihnen helfe auszusuchen, kreativer einzusetzen. Es geht dabei um die Sicht über den Tellerrand, ein Out-of-the-box-Denken. Design ist für uns ein relativ junger Bereich. Anfangs fragten mich das türkische Traditionsunternehmen Pasabahce, das zu den größten Glasherstellern gehört und auch weltweit produziert, und Signature Glass in Israel, ob ich Ideen für ihr Sortiment hätte. Trinkgläser, das ist mein Credo, müssen praktisch,  langlebig und finanziell attraktiv sein sowie durch ihre Optik dazu beitragen, eine Präsentation zur Bestleistung im Gasterlebnis ‚anzuheben‘ – und damit letztlich die Rentabilität zu steigern. Alles in allem sind heute mehr als 30 Millionen Stücke nach unseren Designs weltweit in Gebrauch. Noch bis März 2022 sind meine Entwürfe auf der EXPO in Dubai zu sehen. Die Gläser werden auch in der Lounge und Bar des dortigen Danish Business Pavillon verwendet. Das Interesse an diesen Designs ist groß.“

Tin Can Kollektion von Jesper Efferbach für Pasabahce, Fotos: © cocktailpete

Ihre Glas-Designs sind sowohl in der Gastronomie als auch im Einzelhandel erhältlich. Das Vorbild Ihrer „Tin Can“-Trinkglasserie, die Sie exklusiv für Pasabahce entworfen haben, ist offensichtlich und überraschend mutig.

„Tatsächlich war es eine Konservendose, die mich zum ‚Tin Can‘-Entwurf inspirierte. Ich war beim Kochen, hatte nasse Hände, als ich eine Dose Ananas in den Händen hielt – und das Papier der Dose abblätterte. Beim Betrachten der Dose kam mir die Idee, dass diese Form für Glaswaren verwendet werden könnte. Die Form hat großes kreatives Potential.“

Bei der „Timeless“-Serie für den gleichen Hersteller sind wiederum klassische Einflüsse erkennbar.

„Bei der ‚Timeless‘-Glasserie war der erste Impuls die Erinnerung an die Vitrine meiner Großmutter, worin sie geschliffene Stielgläser aufbewahrte. Die Serie ist angelehnt an das sehr traditionelle Schliffdesign, das man von den in Deutschland und in der Tschechischen Republik hergestellten Kristallgläsern kennt. Ich dachte dabei aber auch an die Interieurs und Trinkgläser aus alten Schwarz-Weiß-Filmen und an die Lebenswelten europäischer Königshäuser – kurzum, an ein interessantes historisches Erbe. Dennoch sind diese Stielgläser wegen ihrer spezifischen Größen und Designmerkmale einzigartig und bieten die besagte kreative Freiheit einer modernen Nutzung. Noch in 2022 plane ich, erstmals eine Glasserie unter meinem Namen auf den Markt zu bringen. Es war früher geplant, aber der aktuelle Rohstoffmangel in der Glasindustrie bremste diese Markteinführung etwas aus.“

Timeless Kollektion von Jesper Efferbach für Pasabahce, Fotos: © cocktailpete

Welche Trends bemerken Sie bei Trinkgläsern?

„In den vergangenen zehn Jahren konnte man bei Trinkgläsern die Beliebtheit klassischer Looks beobachten, inspiriert von den schweren Gläsern der 30er- bis 50er-Jahre, kombiniert mit Schlichtheit und klaren Linien. Zugleich sah man, dass zunehmend Glaswaren für Lebensmittel verwendet wurden – ein Trend, der anhält und jetzt ergänzt wird, indem man wieder Speisen in geschlossenen Marmeladen- oder Einmachgläsern serviert. Wir sahen zuletzt auch eine größere Flexibilität bei Weingläsern, die so gestaltet sind, dass sie für mehrere Traubensorten passen und ihr Design darauf abzielt, das Geschmackserlebnis stärker in den Vordergrund zu rücken. Im Zuge einer ‚neuen Normalität‘ wurde bereits vieles neu gedacht – so sind etwa Abdeckungen von Trinkgläsern ein Thema. Der Fokus hat sich verändert: Hygiene und Sicherheit spielen eine größere Rolle. Nachhaltigkeit wird aber der Schlüssel sein.“

Timeless Kollektion von Jesper Efferbach für Pasabahce, Fotos: ©fevertreemixers, ginmops

Stichwort Green Hospitality: Einweg-Geschirr schien zu Beginn der Coronapandemie oft die einzige Alternative für Restaurants und Cafés. Wie stellt sich das heute dar?

„Sicher war es zu Beginn so, dass Einweg-Teller und -Becher vor allem aus Hygienegründen in Verwendung waren. Doch im weiteren Verlauf der Pandemie nahm die ‚Green Wave‘ in vielen Ländern an Fahrt auf, und das Gefühl der Verantwortung für die Klimabilanz rückte auch bei Fast-Food-Verpackungen stärker in den Fokus. Wenn schon Einweg, dann möglichst aus regionalen Rohstoffen. Die Menschen schauen jetzt und auch künftig noch genauer hin, woher die Materialien kommen. Und immer mehr Betrieben wird bewusst, wie wichtig die unternehmerische Gesellschaftsverantwortung, Corporate Social Responsibility (CSR), ist. Nehmen wir nur das Beispiel Papier-Strohhalme. Der Rohstoff Holz kommt aus Kanada und anderen waldreichen Ländern und wird nach China zur Herstellung der Strohhalme gebracht, um von dort wiederum nach Europa oder Nordamerika gebracht zu werden. Kann das wirklich nachhaltig sein? Die Pandemie zeigt uns, dass es nicht genug ist, ‚grüne‘ Produkte in Asien zu kaufen und sie dann über Tausende Kilometer zu transportieren – Stichwort CO2-Fußabdruck, der uns allen immer bewusster wird.“

 

Gibt es da nicht schon einiges an nachhaltigen Rohstoffen?

„Natürlich kennen wir Essschalen aus Zuckerrohr und Palmblättern. Außerdem gibt es Bambus, der auch in Europa wächst und sehr breit in seiner Verwendung ist. An regionalen Alternativen, um die langen Transportwege zu vermeiden, müssen wir aber weiterhin stark arbeiten. Ich selbst widme mich seit einiger Zeit einer Wurzel, die überall in Europa wächst. Macht man daraus Einweg-Geschirr, ist dieses zu 100 Prozent biologisch recycelbar. Selbst wenn man so einen Becher in der Natur entsorgt, wird sich dieser innerhalb von wenigen Monaten vollständig auflösen. Ich gehe davon aus, Ende 2022 damit marktreif zu sein.“

Symphony Kollektion von Jesper Efferbach für Pasabahce, Fotos: ©ozturkkoca, mixologistanbul

Schade, dass Sie den Namen dieser Wunderwurzel noch nicht preisgeben. Wir bleiben gespannt. Apropos Einweg. Delivery und Take Away haben im Zuge des Corona-Lockdowns einen neuen Stellenwert in der gehobenen Gastronomie erhalten.

„Diese Bereiche sind tatsächlich explodiert. Das gilt für Lebensmittel, aber auch verstärkt für Cocktails und Mixgetränke, für Hauspartys beispielsweise. Das alte Take Away stand für den Verkauf von Fast Food. Nun geht es auch um die Lieferung höherwertiger Lebensmittel. Das könnte bleiben.“

Jesper Efferbach, Jeff&Co Group

Geht Ihr Blick in die Zukunft noch weiter? Wie sieht es mit dem Gasterlebnis aus?

„Die Art, wie wir Essen servieren, wird sich verändern. Vielleicht gibt es weniger Büffets und mehr Abdeckungen bei der Präsentation am Tisch, spezielle Hauben etwa. Auf dem Restauranttisch sind künftig generell Designs gefragt mit einem extrem hohen Anspruch an die Hygiene. Kantinen und Food-Areas in großen Unternehmen, wo viele Menschen gleichzeitig essen, werden sich räumlich neu organisieren. Und statt großer Betriebsfeiern, die in den skandinavischen Ländern eine lange Tradition haben, wird man kleinere, individuellere Zusammenkünfte planen. Vielleicht werden Restriktionen dauerhaft, beispielsweise wie viele Gäste sich in einem Raum aufhalten dürfen. Es liegt an uns, HoReCa-Konzepte zu entwickeln und umzusetzen, bei denen eine Kombination der traditionellen mit den neuen Sicherheitsregeln und -vorschriften vorangetrieben wird. Fast-Food-Verpackungen werden auf jeden Fall nachhaltiger.“

Eigens für das dänische Kronprinzenpaar designte Gläser von Jesper Efferbach

Royale Gastlichkeit

Zurück in die Gegenwart. Und ein Ortswechsel: Palast statt Hospitality. Jesper Efferbach begann 2004 eine Kooperation mit dem dänischen Königshaus, als Kronprinz Frederik und Mary Donaldson heirateten: „Ich hatte die Ehre, die Trinkgläser für die königliche Hochzeit zu gestalten. Bei der Auswahl arbeitete ich mit Ihrer Majestät Königin Margrethe zusammen. Die Monarchin ist extrem kreativ und als Malerin und Bühnenbildnerin aktiv. Sie designte das Monogramm des Brautpaars, mit dem die Gläser, die seitdem für offizielle Dinner genutzt werden, verziert sind.“ Danach sei die Verbindung geblieben und das sympathische, in Dänemark sehr beliebte Paar tafelt bis heute im privaten Haushalt mit Gläsern von Jesper Efferbach. Als der Designer die Kronprinzessin zuletzt in Helsinki traf, plauderte er über die Zusammenarbeit mit der Königin: „Ich erzählte Kronprinzessin Mary, dass ihre Schwiegermutter mir bei den Hochzeitsvorbereitungen einen Vortrag gehalten hatte  über die richtige Gestaltung von Champagnergläsern. Eine Anekdote, und Mary fand sie interessant und sehr lustig.“ Efferbachs Unternehmen ist zwar weit von der Hauptstadt entfernt ansässig, in Næstvedt, einer Kleinstadt auf Süd-Seeland, doch reist der HoReCa-Experte oft nach Kopenhagen und schaut dann bei seinen Lieblingsrestaurants vorbei.

Jesper Efferbach, verraten Sie uns Ihre Restaurant-Tipps für Kopenhagen?

„Es ist ein psychologisches Phänomen: In harten Zeiten wie diesen, gönnen sich die Menschen ein gewisses Etwa, um sich besser zu fühlen. Das heißt, wer jetzt ausgeht, sucht ein nicht alltägliches Dining-Erlebnis, das gern auch teurer sein darf. In Kopenhagen, aber auch in Oslo und Helsinki und selbst in weniger touristischen skandinavischen Städten boomen derzeit Fine Dining Restaurants, im Besonderen die mit Michelin-Stern ausgezeichneten. Viele Gäste reisen eigens am Wochenende an, um dort eine außergewöhnliche ‚Nordic Cooking‘-Erfahrung zu machen und übernachten auch in der Stadt – ein bemerkenswerter Gastronomie-Tourismus hat sich im Norden etabliert. Einige der besten Sternerestaurants der Welt sind in Kopenhagen ansässig: so seit vielen Jahren das ‚Norma‘, darüber hinaus das ‚Alchemist‘ und das 3-Sterne-Restaurant ‚Geranium‘ von Rasmus Kofoed – für mich ist er einer unter den weltweit Top 3 der Küchenchefs – alles erste Adressen für das perfekt inszenierte, experimentelle Gasterlebnis.

Restaurant in Kopenhagen, Geranium
Restaurant in Kopenhagen, Geranium

Ein Abendmenü im ‚Alchemist‘ kann bis zu 50 Gänge umfassen, die an verschiedenen Orten serviert werden, darunter eine spektakuläre Kuppel, die an ein Planetarium erinnert. Auch wird hier kunstvoll mit Düften gearbeitet, die gezielt in den Raum gegeben werden, als Teil einer ganz ungewöhnlichen Dining-Erfahrung, das ist wirklich einzigartig.“

Restaurant in Kopenhagen, Alchemist
Restaurant in Kopenhagen, Noma

HoReCa 2022 und darüber hinaus: Welche Themen und Aspekte werden wichtig?

„Auch über die Pandemie hinaus wird der Blick weiter auf soziale und umweltbezogene Themen gerichtet sein. Für die Gastronomie und Hotellerie wird es konzentrierter um die Profilstärkung gehen, das heißt, einen stärkeren Fokus auf den Kauf des ‚richtigen‘  Geschirrs, das  Interior Design, das eigene Konzept und die Kreativität bei den Portionen und Präsentationen. All das bedeutet auch, dass noch kenntnisreicheres und gut ausgebildetes Personal benötigt wird. Kurz, es geht in 2022 noch mehr um Kreativität und Kenntnisreichtum, noch mehr um Nachhaltigkeit und Umweltfreundlichkeit sowohl in den Betrieben als auch bei den Produkten. Die ‚Green Wave‘ wurde lange als zu kostenintensiv angesehen, diese Einschätzung hat sich inzwischen gewandelt. Nachhaltigkeit muss nicht teuer sein. Zur ‚neuen Normalität‘ gehört außerdem, dass sich Trends viel schneller ändern und die Einflüsse aus noch mehr Richtungen kommen. Die ‚alten‘ Zeiten, wie sie vor der Pandemie waren, kommen für HoReCa nie wieder, dessen müssen wir uns bewusst sein.“

 

Titel: Jesper Efferbach, Jeff&Co Group