Die Bienen von Laguiole – ein Messer erobert die Welt.

Das Laguiole-Messer aus Südfrankreich blickt auf eine lange Erfolgsgeschichte. Erfunden vor über einhundert Jahren, repräsentiert es den Stolz einer rauen Landschaft. Auch heutige Originale duften am Griff nach Wacholderholz. Keine andere Plattform informiert über dieses Savoir-vivre-Kultstück so umfangreich wie die Weltleitmesse Ambiente in Frankfurt. Wir lernten dort Messer kennen, mit denen man widerstandslos durch dick und dünn gehen kann. Voilà!

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Legendäre Klinge
Wer wissen will, wo ein Messer herkommt, schaut auf die Klinge. „LOG“ (= Laguiole Origine Garantie) lasen wir auf dem schlanken „Aufschneider“. Eine Biene ziert den Messerrücken. Unverkennbar: ein Laguiole. Ein echtes Kultmesser. Handgefertigt und geschmiedet, mit dem typischen Wacholdergriff. Benannt nach dem Dörfchen Laguiole in der Auvergne, wo das Klappmesser im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts im Umfeld von Bauern und Viehzüchtern erfunden wurde. Wanderarbeiter von dort brachten es nach ganz Europa, die Nachfrage explodierte. Das dolchartige Messer wurde sogar zum Erkennungszeichen unter den Emigranten, der „Passport auvergnat“. Rasch entdeckte das Bürgertum das Laguiole-Messer für sich, stattete jedoch die Griffschale mit Edelhölzern und Elfenbein aus. Und neben der Biene kamen nun auch Jakobsmuschel und Kleeblatt als Dekor auf. Aufgrund der großen Nachfrage verlagerte sich die Produktion in die Stadt Thiers, die in Frankreich als Zentrum der industriellen Messerschmiede gilt, ähnlich wie Solingen in Deutschland. Im Dorf Laguiole selbst verblieben nur wenige Schmiede, die Manufakturen La Forge de Laguiole und G. David – mit der Armbrust als Markenzeichen – sind die bekanntesten. Heute schätzt die ganze Welt das Klappmesser aus Südfrankreich. Auf der Ambiente umringte das Fachpublikum aus der Gastronomie die Originale und deren moderne Spielarten.

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Streng geheim
Seit 2012 werden Laguiole-Klappmesser aus T12-Stahl geschmiedet. Die genaue Zusammensetzung des Materials ist streng geheim – bekannt ist nur, dass T12 härter ist als der Chirurgenstahl A440, aber dennoch flexibel, rostfrei und leicht schleifbar. „Ein Laguiole darf man nicht zuschnappen lassen, da die Klinge dann auf die Innenseite der Feder (Ressort) aufschlägt“, erläuterte uns am Ambiente Messestand Claudine Dozorme von der Manufaktur Claude Dozorme in Thiers. Seit 1902 fertigt das Familienunternehmen das berühmte Messer in Handarbeit. „Ressort silencieux vivra vieux“, langsam schließen, riet uns Madame Dozorme. Und noch etwas, eine alte Jägerweisheit: die Klinge nicht abwaschen, nur abputzen. Gelegentlich harzfreies Waffenöl mag ein Laguiole auch.

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Original oder Kopie?
Grundsätzlich kann ein Laguiole weder Original noch Kopie sein, denn der Name ist rechtlich nicht geschützt. Laguiole ist lediglich der Gattungsbegriff für die schlanke Messerform. Branchenschätzungen zufolge sind mehr als 80 Prozent der Messer, die als Laguiole angeboten werden, nicht aus Frankreich, geschweige denn aus einer „Ur“-Schmiede im Dörfchen Laguiole. Kopien werden in Fernost am Fließband hergestellt und sind entsprechend günstig. Ein paar Basics helfen, das Original sicher zu erkennen. So muss nicht nur die Klinge das besagte LOG-Siegel tragen, sondern die Rechnung sollte neben einer Herkunftsgarantie eine Garantie auf die Klinge sowie einen Reparaturservice von der Schmiede selbst aufführen. Leider wird auch die Laguiole-Biene oft „gefälscht“. Achtung: Ist das Tierchen zu stark verziert, kann das ein Hinweis sein, dass es nur aufgeschweißt ist.

Man sieht zwei Bilder. Links im Bild befinden sich mehrere Messer. Sie haben rot-weiß karierte und hölzerne Griffe. Im Bild daneben sieht man wie ein Mann eines der rot-weiß karierten Messer hält.

Savoir vivre
Ist das urige Klappmesser mehr der Spezialist im Picknickkorb oder Wanderrucksack, macht inzwischen auch Tafelbesteck im typischen Laguiole-Design Furore. Beim Hersteller Laguiole en Aubrac wurden wir mit Salat- und Tranchierbesteck überrascht. Auch einteilige Brotmesser und Sommelierbestecke wiesen sich mit der obligatorischen Biene aus. Schaute man sich die aktuellen Kollektionen an, war auffallend viel Farbe im Spiel. Zierlich geschwungene Laguiole-Steakmesser etwa, perfekt durch Feinverzahnung der Edelstahlklinge, kommen neuerdings in Regenbogenfarben daher. „Der Bistrostyle, rot-weiß-kariert, ist ebenfalls gefragt“, so Claudine Dozorme. Kleine Stückzahlen, Handarbeit und höchste Präzision sind die Laguiole-Eckpfeiler – modernes und mutiges Produktdesign für Klappmesser und Einteiler die Kür. Aus dem alten Hirtenmesser, einem „Überlebensmesser“, ist längst ein Savoir-vivre-Objekt vom Feinsten geworden. Eines, das nie aus der Mode kommt, da es Strömungen taktvoll aufnimmt. Eines, das unsere Sehnsucht nach Ursprünglichkeit, authentischem Handwerk und Naturbelassenheit stillt. Ein gutes Messer.