Kreative Verflechtung.

Naturmaterialien wie Rattan oder Bambus sind die Werkstoffe der Zeit. Spannend wird es vor allem dann, wenn die eher robusten Materialien jetzt auch ihre filigranen Seiten zeigen, durch feine Details oder reduzierte, klare Formsprache. So entstehen besondere Designobjekte, die zu vielen Einrichtungsstilen passen.

Rattanmöbel, Weidenkörbe und aus Bambus oder aus Gräsern geflochtene Wohnaccessoires müssen nicht unbedingt rustikal oder grob wirken. Im Gegenteil: Die Formen werden reduzierter und moderner, es wird mit Farbe und anderen Materialien experimentiert, Inspirationen aus allen Teilen der Welt werden eingeflochten. Dass Rattan und andere Flechtmaterialien bei der Verarbeitung viel Handwerkskunst verlangen, ist dabei eine spannende Herausforderung, der sich viele Designer stellen. Keine Rute gleicht der anderen, Farbe, Dichte und Größe variieren stark und doch werden daraus mit viel Geschick am Ende ästhetische Objekte. Auch die gute Ökobilanz der schnell nachwachsenden Rohstoffe ist für viele Hersteller ein Grund, sich mit den anspruchsvollen Materialien kreativ auseinanderzusetzen.

Filigran und fein: die neue Formsprache

Rattan wird immer häufiger ohne Schnörkel und Boho-Anleihen zu modernen Einrichtungsgegenständen geflochten und wirkt dabei durch die lichten Zwischenräume der Webart extrem leicht und dekorativ. Das funktioniert als formreduzierter, luftiger Beistelltisch genauso, wie als klassisches Stubenbett für Babys oder als Sitzgruppe. Beim dänischen Rattan-Spezialisten Sika Design wurden die Archive gewälzt und Entwürfe aus den Fünfzigerjahren von Arne Jacobsen bis Viggo Boesen wieder aufgelegt. Die so entstandene Icon-Kollektion umfasst nur Rattanmöbel mit moderner Formsprache. Als „Rattan“ bezeichnet man übrigens nur die Triebe und Lianen der asiatischen Rotangpalme, die schnell nachwachsen und als extrem nachhaltig gelten. In Asien haben die klassischen Rattanmöbel auch ihre Wurzel, denn zur Kolonialzeit kamen die ersten Möbel aus Malaysia, Indonesien, Indien und Vietnam nach Europa. Aber auch andere Naturfasern inspirieren zu filigranen Objekten: Die geometrischen Lampen von Kamaro’an, die wie japanische Fächer wirken, sind aus tropischen Zypergrashalmen gebunden, die an einem Metallrahmen befestigt wurden.

Bermbach
House Doctor
Kamaro'an
Sika Design
Bloomingville
Jonghlabel

Gegensätze ziehen sich an: Naturmaterialien im Mix

Sehr spannend wirken diese rohen Naturmaterialien, wenn sie mit anderen Oberflächen wie Glas, Lack, Keramik oder Stoff kombiniert werden. Das können zu Bast gebündelte Piniennadeln sein, die eine Vase verzieren oder ein Muster, wie das Wiener Geflecht, das durch den Kaffeehausstuhl „214“ von Thonet bekannt wurde und eine Karaffe schmückt. Auch traditionelle Reiskörbe, wie sie in Thailand und Vietnam verwendet werden, spielen mit diesen Gegensätzen: Lack-Optik zu Bastweberei. Eine besondere Arbeit stammt von der sibirischen Designerin Anastasiya Koshcheeva, die zu den Ambiente Talents 2018 gehört. Sie inszeniert traditionell geflochtene Weidenkörbe so mit einer Keramikvase und Schale, dass alle vier Teile gemeinsam zu einem Beistelltisch zusammengesteckt werden können. In der Kombination mit Stoff wird Korbgeflecht sogar zum Fashion-Item und verziert Clutches stilvoll.

Vicara
PB Home Nordic
Kokon
Larone
Anastasiya Koshcheeva

Neu denken: Farbe für das Web-Design

In Mexiko, dem Land der kräftigen Farben, entdeckten die Designer des PI-Projekts den Stamm der Cuicatlans. Statt Naturfasern werden hier Kunststoff-Straps zum Weben von Körben verwendet, die Technik und Muster entsprechen aber dem traditionellen Kunsthandwerk, nur mit neuen Materialien. Auch das niederländische Fair Trade Label Handed By hat schon jahrelange Erfahrung beim Verflechten von Kunststoff und Bambus, die in kleinen Manufakturen in Vietnam und China zu einer spannenden Optik kombiniert werden. Bunte Bastkörbe mit Metallrahmen und musterhafte Seegrasbehälter von Serax zeigen auf eine ganz andere Weise, wie kreativ man Flechterei interpretieren kann.

PI Project
Handed By
Serax
Halinh Rattan Bamboo

Stil-Reisen: Wo grob geknüpft oder fein gewebt wird

Vom klassischen Kolonialstil bis hin zur modern inszenierten Lampen-Installation wird das Flechtwerk überall kreativ eingesetzt und verbreitet mit seinem natürlichen Charme Wohlfühl-Atmosphäre. Man kann sich auf eine Reise begeben, indem man die verschiedenen Stilwelten und Knüpftechniken wirken lässt. Rattan- und Bambus-Objekte mit geraden, grafischen Linien, japanisch und skandinavisch inspiriert, sind genauso vertreten wie fröhliches, ausdrucksstarkes Kunsthandwerk mit lebendigen Stil-Anleihen aus Afrika oder Südamerika.

 

Grafisch und klar

Interieur-Gestaltung der Bar „Rattan“ auf Rhodos
Stühle mit Wiener Geflecht von Time & Style, Seegraslampe und Läufer von Nordal, Laternen von Broste Copenhagen

Kunstfertig und lebendig

Interieur der „&beyond Sandibe Safari Lodge“ in Botswana, Lampen von Bazar Bizar, Körbe von Kersten
Mustermix im Kolonialstil im Restaurant „Perrachica“ in Madrid