Nachhaltigkeit – Der erste Schritt.

Gastbeitrag von Christoph Harrach (Karmakonsum)

Mit Spannung erwartete der Öko-Lifestyle-Experte, was die Ambiente an nachhaltig und fair produzierten Neuheiten vorstellt. Sein Fazit macht Mut für globale Herausforderungen: Nachhaltiger Konsum – Jeder Weg beginnt mit dem ersten Schritt.

Das Resümee meines zweitägigen Besuchs der größten Konsumgütermesse der Welt fällt zweigeteilt aus. Auf der einen Seite habe ich auf der Ambiente den Puls des globalen Massenkonsums gespürt und in das Spiegelbild unserer globalen Konsumgesellschaft geschaut. Auf der anderen Seite zeigten sich die Zeichen der ökologischen Transformation auch bei einer wachsenden Anzahl von Ausstellern, allerdings noch etwas im Verborgenen. Der Wandel hin zu einem nachhaltigen Konsum wurde in diesem Jahr erstmals mit dem sogenannten „Ethical Style Guide“ seitens der Veranstalter sichtbar gemacht.

Das übersichtliche Verzeichnis fasste 178 (von insgesamt über 4.300 Ausstellern) Unternehmen zusammen, die umweltfreundliche, ressourcenschonende oder faire Produkte anbieten. Damit räumt die Messe Frankfurt dem (noch) Nischensegment der nachhaltigen Produkte einen wichtigen Stellenwert ein und möchte langfristig auch eine „Plattform für Nachhaltigkeit“ entwickeln.

So viel zu den Rahmenbedingungen – und nun möchte ich meine konkreten Erfahrungen mit dem „Ethical Style Guide“ beschreiben, der mich durch die Messehalle navigiert hat. Insgesamt ist mir bei den Gesprächen mit den Ausstellern des Guides auch eine weite Spanne aufgefallen von einerseits „das machen wir aus Marketinggesichtspunkten, weil es die Kunden wünschen“ bis hin zu echten und 100%-igen Überzeugungstätern andererseits. Eine Geschichte möchte ich mit euch teilen: Ich war an einem Stand eines italienischen Kunststoffartikelherstellers, der ein neues Sortiment aus sogenanntem Bio-Plastik anbietet. Auf meine Nachfrage zu der Motivation des Unternehmens erzählte mir die Pressesprecherin die Geschichte ihres Geschäftsführers. Dem etwas betagten Mann wurde über die Geburt seines ersten Enkels deutlich, wie verschwenderisch wir mit den natürlichen Ressourcen umgehen. Aus Einsicht und Mitgefühl zu dem neuen Erdenbürger hat er sein gesamtes Geschäft in Frage gestellt und angefangen, alle Prozesse und Produkte auf ihren ökologischen „Impact“ zu überprüfen. Neben der Modernisierung der Produktionsanlagen hinsichtlich Energieeffizienz und dem Einsatz neuer Materialien hat er sich insbesondere der Forschung neuer Materialien verschrieben.

eco line-Christoph Harrach-Blauen Engels-Bio Plastik-01

Dieser Aspekt der notwendigen Forschung ist mir auch bei anderen Gesprächen immer wieder begegnet. Hier werden im Bereich Kunststoffe gerade sehr viele Alternativen zu einer erdölbasierten Produktion entdeckt, und es entstehen neue Wertstoffe, aber auch viele neue Konzepte im Sinne der Kreislaufwirtschaft. Auch hier habe ich interessante Gespräche geführt, z.B. bei dem deutschen Plastikartikel-Hersteller Gies, der eine neue Verfahrenstechnik für die Wiederverwertung von Kunststoff entwickelt hat. Dieses Verfahren wurde auch nach den Richtlinien des Blauen Engels des Bundesumweltministeriums zertifiziert. Auch habe ich schöne Haushaltswaren aus Bio-Plastik gesehen, eine kompostierbare Alternative zu konventionellem Plastik.

Recycling-Peru-Gläser-02

Das Thema „Recycling“ und „Upcycling“ war auch an vielen Ständen relevant. Es gab einige Hersteller, die aus Abfall wie z.B. alten Glasflaschen wunderschöne Designobjekte gestalten. Bei dem Sozialprojekt Green Glass aus Chile erhalten Slum-Bewohner für gesammeltes Altglas eine faire Bezahlung, und es werden wunderschöne Design-Elemente hergestellt. Mit ihrem Motto „Stop buying shit and start changing the world“ appellieren sie an die Konsumentenverantwortung, um die Wirtschaft nachhaltig zu verändern.

Öko Produkte-Bürsten-Vogelfedern-03

Auch diesen Aspekt finde ich wichtig, dass Öko-Produkte schön aussehen, um für die Mainstreamkunden attraktiv zu sein. Obwohl die intrinsische Motivation bei vielen Konsumenten zunimmt, ist das Thema Design und Funktion doch extrem wichtig, um Öko-Produkte in den Mainstream zu katapultieren. Auf der Ambiente habe ich viele gute Beispiele gesehen, bei denen das Design sehr cool war wie z.B. Bürsten aus nachhaltiger Forstwirtschaft und mit Vogelfedern.

Ökologie und Design sind zwei zentrale Dimensionen bei der Diskussion um nachhaltigen Konsum. Die soziale Dimension wird aber auch zunehmend wichtiger, gerade wenn es um die Produktion im „Globalen Süden“ geht, wo ja ein Großteil der Hersteller ansässig ist. Auch hier war ich positiv über die Vielzahl kleiner Aussteller überrascht, die nach den Richtlinien des fairen Handels eine menschenwürdige Produktion realisieren. In diesen Gesprächen konnte ich dann spüren, welche Herausforderungen in den Schwellen- und Entwicklungsländern herrschen, und dass es sich bei der nachhaltigen Entwicklung um eine globale Herausforderung handelt. Ein schönes Beispiel waren Körbe aus durch Fairtrade zertifizierter Manufaktur in Bangladesh. Auch der Dachverband der weltweiten Fairtrade-Organisationen war mit einem eigenen Stand auf der Ambiente vertreten.

Mein Fazit: Es tut sich was, und ich hoffe, dass der Kulturwandel zu globalen und langfristig tragfähigen Konsum- und Lebensstilen nicht allzu lange dauern wird. Denn die Schäden, die tagtäglich von den Menschen durch die Übernutzung der natürlichen Ressourcen verursacht werden, sind größtenteils irreparabel. Ich möchte meinen Beitrag mit einem Zitat von Mahatma Gandhi beenden, welches zeigt, dass jeder von uns Verantwortung für den Wandel trägt und dass jede individuelle Veränderung zählt: „Be the change you want to see in the world.“ Dabei möchte ich insbesondere unsere Macht als Konsumenten herausstellen. Letztendlich entscheiden wir als Käufer darüber, was am Markt angeboten wird.