In Stein gemeißelt.

Wuchtig war mal. In Sachen Marmor ist Umdenken gefragt. Denn gezielt eingesetzt und aufregend kombiniert, zeugt der schwere Naturstein tatsächlich von einer neuen Leichtigkeit. So kommt er nicht mehr nur bei Wohnaccessoires zum Einsatz, sondern erobert sich als Bestandteil von Möbeln wieder mehr Präsenz im Raum. Denn Dank seiner Vielfalt passt er in nahezu jedes Interieur und zu jedem Einrichtungsstil. So werden alle, die dem Marmor ein kurzes Comeback prophezeit haben, eines Besseren belehrt.

Hübsch
Kaja Skytte

Natürliche Nuancen

Wenn wir an Marmor denken, dann kommt uns (abgesehen von einem gewissen deutschen Schlager) als erstes der klassische Carrara-Marmor in den Sinn, der in der Toskana abgebaut und auch als „weißes Gold“ bezeichnet wird. Doch der gemaserte Stein ist weitaus vielfältiger und man findet ihn auch in Rot-, Grün- oder Gelbtönen bis hin zu Schwarz. Ebenso Vielfältig ist sein Einsatzgebiet und man kann weit über Bodenbeläge oder Marmorarmaturen im Badezimmer hinaus denken. Viele Designer tun das schon seit längerer Zeit und sorgen derzeit wieder für eine echte Marmor-Manie. Denn ganz egal welcher Einrichtungsstil von Skandi- bis Industrial-Chic, Marmor ist nirgendwo mehr fehl am Platz. Einer, der um die Vielseitigkeit von Marmor weiß, ist der im Iran geborene HFG-Offenbach-Absolvent Douman Pour, der als Innenausstatter und Designer häufig Gebrauch von dem wandelbaren Naturstein macht. „Da es sich bei Marmor um ein Naturmaterial handelt, sieht auch jeder Stein anders aus. Ich sehe mich gerne in Ruhe beim Steinmetz nach dem richtigen Marmor für meine Entwürfe um. Das ist bereits Teil des kreativen Prozesses“, erklärt der Wahlfrankfurter seine Faszination.

Dôme Deco

Kontrastreiche Kombination

In eher helleren Farben strahlt der kalte Naturstein tatsächlich eine gewisse Wärme aus, was durch die Kombination mit Holz (wie zum Beispiel Pinie) noch zusätzlich betont werden kann. In der Vergangenheit sah man häufig Holztische mit glatt polierten Marmorplatten. Ungewohnt und neu ist der umgekehrte Fall. Ein Tisch mit Beinen aus Marmor und einer naturbelassenen Holzplatte bricht mit den gängigen Sehgewohnheiten und macht den Kontrast noch spannender. Auch wenn er als Sockel einer Lampe Verwendung findet, kann Marmor im Zusammenspiel mit Licht eine unerwartete Leichtigkeit ausstrahlen.

1 Tischlampe von Authentic Models
2 Lampe von Vicara
3 Esstisch von KOY

In diesen hellen Nuancen und in Verbindung mit anderen Naturmaterialien lässt sich Marmor auch problemlos als edler Hingucker inmitten von skandinavischem Understatement platzieren. Was seine Verarbeitung betrifft, kommt er oft im minimalistisch-geometrischen Design daher und fügt sich auf diese Weise perfekt ein. Das haben seit geraumer Zeit auch Designschmieden wie KOY entdeckt, die besonders für einen schnörkellosen Einrichtungsstil stehen, und Marmor vermehrt in ihre Kollektionen integriert.

1 Tischlampe von Flam & Luce
2 Regal von House Doctor
3 Hocker von KOY

Marmor-Manie

Marmor feiert seine Rückkehr im großen Stil! Es hat seit Längerem das Interior und jetzt auch viele Bars und Restaurants erobert, die mittlerweile oft auf hellen Marmor setzen, um sich von der dunklen Eckkneipe nebenan abzugrenzen. „Ganz egal, ob es sich um einen Burgerladen oder ein Sterne-Hotel handelt, noch immer sind alle ganz angetan von Marmor und wollen ihn im Interiorbereich verarbeitet wissen“, so Douman Pour. Vielen sei jedoch nicht bewusst, dass Marmor als Naturprodukt mit der Zeit auch eine Patina bekomme. Ein Aspekt, der den Gestalter besonders reizt.

Chinaski Tagesbar, Frankfurt / Design: Pournoir

Ein absoluter Blickfang ist das Duo Marmor und Terrazzo, das inzwischen vielerorts zu sehen ist. Zwischenzeitlich wurde der Kunststein aus Kalksplittern und Kieseln schon als „neuer Marmor“ gefeiert und schien den als gestrig verschrienen Naturstein aus dem Interiorbereich zu verdrängen. Nun fügen sich beide zu einem harmonischen Miteinander und das trotz ganz unterschiedlicher Maserung.

Maison Joseph Deco, Hangzhou China, Design Team: YUDesigns
KARE Design

Kühles Carbonat

Wie so oft ist es die dunkle Seite, die besonders reizvoll ist. Das gilt auch für den Marmor, dessen charakteristische Maserung, die aus jedem Stück ein echtes Unikat macht, in dunklen Grautönen oder Schwarz besonders schön zur Geltung kommt. Auch Firmen wie Dôme Deco oder House Doctor sind sich dessen bewusst und setzen in ihren Interior-Kollektionen vielfach auf die Härte von schwarzem Marmor.

Fuhrhome
House Doctor

Neben meist dunklen Hölzern wird dunkler Marmor gerne mit schwarz lackiertem Metall kombiniert und passt auf diese Weise hervorragend zum eher maskulinen Industrial-Chic. Glänzende Metalle, wie Kupfer, verleihen ihm hingegen im Nu eine edle Note. Wird er als Sockel für Lampen genutzt, dann wird dunkler Marmor anders als bei der heimeligen, hellen Ausführung durch eher kühles Licht gekonnt in Szene gesetzt. Doch egal, ob hell oder dunkel, immer greift die wichtigste Grundregel, dass Marmor sparsam und bewusst eingesetzt werden sollte. So lässt sich vermeiden, dass er protzig oder wuchtig wirkt.

1 Stehlampe von Flam & Luce
2 Tischlampe von Nude
3 Couchtisch von Serax

„Auf den zurückhaltenden Einsatz kommt es an“, weiß auch Douman Pour. „Die Kombination mit anderen Materialien nimmt dem Marmor seine Schwere. Ich selbst kombiniere ihn gerne mit Stahl“, erklärt der Innenausstatter, der bereits zahlreiche Frankfurter Hotspots eingerichtet hat. Einen Ausgleich zu seiner auffälligen Maserung bilden auch Weiß oder Schwarz und sorgen so dafür, dass das harte, kühle Carbonatgestein ausgesprochen modern und urban daher kommt.

1 Schreibtisch von Dôme Deco
2 Couchtisch von Kristina Dam

Darf es etwas mehr sein?

„Es ist wie in der Mode“, so Douman Pour, „auf jeden Trend folgt ein Gegentrend. So gibt es durchaus auch diejenigen, die sich nichts aus Understatement machen und Marmor wieder pompös inszenieren.“ Dunkle Hölzer, Gold und schwere Stoffe wie Samt sind die Komponenten, um Marmor genau diese klassisch elegante bis luxuriöse Anmutung zu verleihen. Eine Kombination, die nicht weniger stilvoll sein muss, als der dezente Einsatz des Natursteins.

Sois Blessed, München
AU Maison

Und was können wir künftig noch in Sachen Marmor erwarten? „Die Kombination verschiedenster Natursteine ist etwas, das man in Zukunft sicher noch häufiger sehen wird“, glaubt der Designer. „Mittlerweile ist es aber auch problemlos möglich, Marmor knallig einzufärben, während neue Verarbeitungstechniken mehr Spielraum bei der Oberflächengestaltung ermöglichen. Sicherlich Faktoren, die den Trend noch langlebiger machen und dafür sorgen werden, dass der Marmor seine Anziehungskraft nicht so schnell verliert.“

The Suite Garden Hotel, Frankfurt / Design: Pournoir