Schlicht und ergreifend – Eduard Herrmann kann Domino ohne Steine.

Ambiente Talent Eduard Herrmann aus der jungen Avantgarde-Hochburg Prag macht mit sanften und luftigen Entwürfen kultverdächtiges Interieur- und Möbeldesign. Sein durchdachtes Essbesteck liegt geschmeidig in der Hand, seine gläsernen Leuchten tauchen den Raum in Poesie. Am #TalentsTuesday erzählt der Nachwuchsdesigner im Interview über den angedeuteten Domino-Effekt.

Herr Herrmann, Ihr Besteck erinnert an Zauberstäbe aus Bein, die nach spielerischem Umgang förmlich rufen. Was hat es damit auf sich?
Zunächst, es sind Prototypen, 3D-Drucke aus Kunststoff. Das Spiel ist tatsächlich die richtige Spur. Das Besteck nenne ich „Domino I“, nach dem bekannten Legespiel. Sehen Sie, Gabel und Löffel sind so geformt, dass sie auch seitlich und ganz natürlich auf dem Tisch liegen können, durchaus vergleichbar mit Dominosteinen. Nur dass hier nichts umfällt. Bei kleiner Auflagefläche halten die Besteckteile die Balance, zugleich wirkt alles federleicht, das ist die Kunst dabei. Beim Messer kannte man solche Überlegungen bereits, für Gabel und Löffel ist dies neu. Aus Edelstahl sind sie für jeden Anlass perfekt.

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Für einen Design-Studenten haben Sie schon einiges im Portfolio. Der tschechische Möbelhersteller TON – 1861 gegründet von Michael Thonet – stellt beispielsweise Ihren Esquí Lounge Chair her.
Nach meinem Bachelor-Studium in Bratislava ging ich 2014 in meine Heimatstadt Prag zurück, um dort bald an der Akademie für Kunst, Architektur und Design meinen Master zu machen. Einfach, neu und doch traditionell – dieses Konzept, mein roter Faden, gefiel auch TON. Esquí heißt „Ski“ im Spanischen. Ich finde, der Sessel sieht mit dem Bugholz aus wie auf Skiern oder Kufen.

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Apropos Tradition. Daher böhmisches Glas für Ihre Leuchten-Kollektion, die Sie mit dem Besteck am Talents Messestand der Ambiente 2015 zeigten?
Ja, die berühmte Glasmanufaktur BOMMA beauftragte mich mit dem Entwurf. Das tschechische Unternehmen ist darauf spezialisiert, handgefertigtes Kristall computergestützt zu schneiden und zu gravieren. So entstand mein Urbild einer Tischleuchte. Ich nenne das Design „Ignis“. Oben bildet das Glas den Lampenschirm und unten das Kabel den Fuß. Das Licht scheint sanft hindurch wie bei einem textilen Lampenschirm. Viele Ambiente Besucher faszinierte das sehr, eine schöne Erfahrung gleich bei meinem ersten Auftritt in Frankfurt.

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Unsere abschließende Frage mit Blick auf die anstehende Grill- und Picknicksaison: Sie und Einwegbesteck aus Kunststoff. Werden Sie Freunde?
(Lacht) Offen gestanden, habe ich noch kein schönes, wirklich elegantes Besteck aus Kunststoff gesehen. Aber auch dieser Wegwerf-Artikel verdient wertiges Design. Besteck „Domino I“ und die geometrischere Variante „Domino II“ wären grundsätzlich auch in einer Plastikausführung denkbar.

Unser Fazit: Leise Avantgarde zum Anfassen. Ein Designer, den man sich merken sollte. Herzlichen Dank für das Talents Interview!