Accessoires, die Gegensätze zusammenbringen.

Accessoires komplettieren das jeweilige Outfit und sind die bevorzugte Bühne für das Individuelle, das Ausgefallene. Die diesjährigen Fashion Accessories-Talents rücken das Material in den Vordergrund und überraschen durch gewitzte Interpretationen.

Jeans forever!

Der Jeansstoff machte Karriere als Arbeiterhose. Das robuste Material war für echte Kerle genau das Richtige. Diese Zeiten sind natürlich längst vorbei, man kann mittlerweile mit Jeans in die Oper gehen, und fast jedes Haute Couture-Haus fertigt Mode aus Denim an. Doch in die Liga des Schmucks hat sich das Material bislang kaum verirrt. Bis Angelo Verga es für sich entdeckte. Der gelernte Goldschmied versetzt den Jeansstoff mit Harz, das Ganze wird gepresst, geölt und geschliffen, und daraus entstehen Ringe, Ohrringe oder Broschen. Streicht man mit dem Finger darüber, so fühlt sich das Material fein und zugleich sehr solide an.

Ring in Form eines beweglichen Reißverschlusses, reines Silber
Angelo Verga

Doch Verga treibt das Jeans-Thema noch einen Schritt weiter: So finden sich typische Features in fein gearbeiteten Unikaten aus reinem Silber. Es gibt Reißverschluss-Ringe, bei denen sich der Zipper tatsächlich öffnen und schließen lässt, und die Jeans-Doppelnaht gibt Ohrringen Form und Struktur. Mittlerweile lebt der Mailänder in Münster und freut sich über ein Umfeld, das nicht nur alle zehn Jahre mit der Schau „Skulptur Projekte“ Kunstsinn beweist.

Brosche aus dem eigens angefertigten Jeans-Harz-Material
Ringe aus gepresstem Jeans-Material mit typischen Jeans-Nieten

Im Seiden-Dschungel

Sie stammt aus einer Künstlerfamilie und malt, seit sie zehn Jahre alt ist. Aber nicht auf Papier, sondern auf feinster Seide, aus der sie dann weich fallende Foulards oder coole Taschen herstellt. Der Arbeitsprozess erfordert eine sichere Hand: Zuerst legt Camila Velvet mit einer schwarzen Linie die Umrisse des jeweiligen Dessins fest, dann füllt sie die Flächen mit kräftigen, fröhlichen Farben, die sie selbst anmischt.

Große Seiden-Clutch von Camila Velvet
Textildesignerin Camila Velvet
Reduzierte Dschungel-Designs in Seide

Die Motive stammen aus dem Dschungel, und es ist dessen Darstellung in einer cleanen, reduzierten und doch warmen Formensprache, was diese Stücke so modern macht. Ob Bambus, Tigerkopf oder stilisierte Exotikblüte – die ungewohnten Farbkombinationen machen gute Laune. Man wünscht sich sofort eine geeignete Cocktailparty, die man mit einer von Camila Velvets Clutches unter dem Arm besuchen könnte. Der Museumsshop des Balenciaga-Museums führt einige ihrer Stücke, und auch für das Madrider Label Alvarno hat sie bereits Designs entworfen. Ein gelungener Start.

Aktivwerden leicht gemacht

Fürs Gemütliche sind die Schuhe nicht gedacht, bequem sind sie aber schon. Ein Widerspruch? Keineswegs. Die Accessory-Designerin Michaela Hahn hat sich für ihre Thesis an der Hochschule Pforzheim mit dem Thema „Sammeln / Erfahrungen sammeln“ befasst, herausgekommen ist dabei letztendlich der Schuh „Rope Dynamic“ von Sui Generis Accessory. Leder plus Neoprensocke plus Gummisohle, drumherum noch etwas Paracord. Mit so einem Stück kann man die Natur, urbane Landschaften oder das Nachtleben erobern.

Josefine Rietzke und Michaela Hahn (rechts)
Sui Generis Accessory, Boot Nr. 1

Unterstützt wird Michaela Hahn von Josefine Rietzke, die für das Geschäftliche zuständig ist; man kennt sich noch aus Schulzeiten. Vernetztsein ist für beide Frauen selbstverständlich. Mehr noch, das gute Feedback aus den sozialen Netzwerken war es, was sie letztendlich bewog, 2016 ihr Label zu gründen. In der ersten Kollektion liegt der Schwerpunkt noch auf Schuhen, aber eine Erweiterung in Richtung Taschen und Rucksäcke ist angedacht. Androgyn ist der Look insgesamt, und das ist natürlich Absicht. „Sui generis“ bedeutet „von eigener Art, besonders“. Ein Aspekt des Nicht-Standardisierten ist das Aufbrechen der Geschlechterstereotype. Ein weiterer ist die Betonung des Aktivseins: Mach dein Ding!